Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Auskunft über Prügelpolizisten

Bei Landeseinsätzen von Bundespolizisten darf die Regierung nicht mehr jede Auskunft verweigern. Dies gilt besonders bei rechtswidrigem Verhalten.

Bundespolizisten stehen bei einer Übung vor einem Zug.

Bundespolizisten bei einer Übung für ihren Einsatz in freier Wildbahn. Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Die Klage der Linken gegen die Bundesregierung hatte teilweise Erfolg. Die Regierung muss Auskunft geben, wenn sich Bundespolizisten bei Einsätzen unter Landeshoheit möglicherweise rechtswidrig verhalten haben. Das entschied jetzt der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts.

Die Bundespolizei, die bis 2005 „Bundesgrenzschutz“ hieß, kann von den Ländern zu „Unterstützungseinsätzen“ angefordert werden, um die öffentliche Ordnung zu bewahren. Vor allem im Zusammenhang mit konfliktträchtigen Demonstrationen machen die Länder davon Gebrauch.

So war die Bundespolizei etwa in Dresden im Einsatz, als im Februar 2011 die rechtsextreme Szene aufmarschierte und 20.000 Gegendemonstranten protestierten. Auch bei der Berliner revolutionären 1.-Mai-Demo 2011 und bei einer Demonstration mit Polizeikessel in Heilbronn am gleichen Tag kam die Bundespolizei zum Einsatz.

In mehreren parlamentarischen Anfragen wollte die Linke Näheres über die Einsätze der Bundespolizei erfahren, etwa wieviele Sprühdosen Reizgas verbraucht wurden. Doch die Bundesregierung verweigerte überwiegend die Antwort. Die Verantwortung für die Einsätze habe bei den Ländern gelegen, deshalb müssten die Fragen an die zuständigen Landesregierungen in Sachsen, Berlin und Baden-Württemberg gestellt werden.

Grundsätzlich bestätigte das Bundesverfassungsgericht diese Linie. Auch die Beteiligung von Bundespolizisten an Einsatzstäben ändere nichts an der Verantwortung der Länder. Und wenn die Linke in manchen Ländern keine parlamentarischen Anfragen stellen kann, weil sie nicht im Landtag sitzt, wie etwa in Baden-Württemberg, dann sei das eben eine Folge des Föderalismus.

Rechtswidriges Verhalten

Auskunft muss die Bundesregierung aber geben, wieviele Bundespolizisten für welche Art von Einsatz angefordert wurden und wieviele Beamte letztlich tatsächlich im Einsatz waren. Auch wenn der Bund die Einsätze auswertet, muss er seine Einschätzungen auf Anfrage gegenüber dem Bundestag offenlegen.

Vor allem aber muss die Bundesregierung Auskunft geben, wenn es um möglicherweise rechtswidriges Verhalten von Bundespolizisten bei solchen Unterstützungseinsätzen geht. So hatte die taz über den Einsatz der Bundespolizei bei der 1. Mai-Demo 2011 in Berlin-Kreuzberg berichtet, am Kottbusser Tor hätten Polizeitrupps „wahllos Umstehende mit Fäusten traktiert und immer wieder Pfefferspray eingesetzt.“ Sogar Zivilpolizisten seien verletzt worden. Die Linke nahm die Berichterstattung zum Anlass, die Bundesregierung nach ihrer Einschätzung und Konsequenzen zu fragen.

Hierauf musste die Regierung eine Antwort geben, entschied jetzt Karlsruhe, und durfte nicht darauf verweisen, dass es sich um einen Einsatz in Landesverantwortung handelte. So muss die Bundesregierung mitteilen, ob es Disziplinarverfahren oder sogar Strafverfahren gegen die Bundespolizisten gab.

Die Antwortpflicht gilt aber nur, wenn es Anhaltspunkte gibt, dass die Exzesse auch von Bundespolizisten begangen wurden. im konkreten Fall wurde dies bejaht, weil am Kottbusser Tor im Mai 2011 überwiegend Bundespolizei im Einsatz war.

Oft dürften Fragen aber weiterhin ins Leere gehen, wie auch das Bundesverfassungsgericht feststellt: „Der Senat verkennt nicht, dass es für die Fragesteller im Einzelfall schwierig sein kann, festzustellen, ob ein aus ihrer Sicht beanstandungswürdiges Verhalten von Beamten der Bundespolizei ausging oder von Beamten eines einsatzbeteiligten Landes.“

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