Urteil in Weißrussland gegen Journalist: Streiter gegen Lukaschenko

Der weißrussische Journalist Poczobut muss nicht sofort ins Arbeitslager. Er wurde zu drei Jahren Lagerhaft auf Bewährung verurteilt. Weil er die Regierung kritisiert hatte.

Der Journalist Andrzej Poczobut wurde in einem Geheimprozess überraschend zu einer weit geringeren Strafe verurteilt, als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Bild: dapd

Eigentlich hatte sich Andrzej Poczobut bereits darauf eingestellt, auch die kommenden drei Jahre im Gefängnis zu verbringen. Dann kam es doch anders. Am Dienstag verurteilte ein Gericht in der weißrussischen Stadt Grodno den Journalisten, der der polnischen Minderheit angehört, wegen Verleumdung von Staatspräsident Alexander Lukaschenko "nur" zu einer dreijährigen Haftstrafe. Diese wurde für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt.

Unter anderem hatte Poczobut in seinen Artikeln den ersten Mann im Staat als "Diktator" bezeichnet. Dass ihm - zumindest diesmal noch - ein mehrjähriger Aufenthalt im Arbeitslager erspart blieb, sei ein Ergebnis der EU-Sanktionspolitik gegenüber Minsk, sagte der 38-Jährige nach seiner Freilassung.

Poczobut, der seit 2006 als Korrespondent für die größte polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza arbeitet und sich an führender Position im Bund der Polen in Weißrussland für die Belange der Minderheit einsetzt, steht bereits seit Ende vergangenen Jahres auf der Abschussliste des autoritären Regimes. Am 19. Dezember 2010 wurde er - wie Hunderte andere auch - wegen der Teilnahme an Protesten gegen die manipulierte Wiederwahl von Präsident Lukaschenko kurzzeitig festgenommen.

Aus dem gleichen Grund verurteilte ihn ein Gericht im Januar zu einer Geldstrafe von umgerechnet 400 Euro sowie einige Wochen später zu 15 Tagen Haft. Zudem durchsuchte der Geheimdienst KGB seine Privatwohnung und konfiszierte Computer, weitere technische Arbeitsmittel sowie Unterlagen.

Im April wurde der verheiratete Vater zweier Kinder erneut verhaftet - diesmal lautete der Vorwurf auf Beleidigung des Staatspräsidenten.

Sollten die weißrussischen Behörden meinen, Poczobut durch ihr "mildes" Urteil in die Knie zwingen und einschüchtern zu können, sind sie auf dem Holzweg. Er sei unschuldig, werde Berufung einlegen und seine Tätigkeit gegen das diktatorische Regime auf jeden Fall fortsetzen, sagte Poczobut und fügte hinzu: "Wenn sich in diesem Land nichts ändert, werden sie mich vielleicht wieder einsperren." Begründet sind diese Befürchtungen in Weißrussland allemal.

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