Urteil zum Vergessenwerden im Netz: Google will europäischer werden

Europas Bürger können bei Google die Löschung von Links zu Informationen über sie beantragen. Wann Verweise tatsächlich entfernt werden müssen, bleibt unklar.

Peinliche Fotos von früher? Reicht eigentlich, wenn man sich analog noch dran erinnert. Bild: CreOhn / photocase.de

MOUNTAIN VIEW dpa | Gut zwei Wochen nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Recht auf Vergessenwerden im Internet hat Google sein Verfahren für Löschanträge vorgestellt. Der Konzern schaltete am Freitag ein Formular frei, mit dem man die Entfernung von Suchergebnissen verlangen kann.

Die Antragsteller müssen die Forderung zu jedem Link begründen und die Kopie eines Ausweises hochladen, um einen Missbrauch der Funktion zu vermeiden. Google werde jede Anfrage individuell prüfen und zwischen den Datenschutzrechten des Einzelnen und dem Recht der Öffentlichkeit auf Auskunft und Informationsweitergabe abwägen, hieß es.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte entschieden, dass Europas Bürger Google dazu verpflichten können, Links zu unangenehmen Dingen aus ihrer Vergangenheit aus dem Netz verschwinden zu lassen. Google müsse die Verweise aus seiner Ergebnisliste entfernen, wenn dort enthaltene Informationen das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz einer Person verletzen. Die Informationen können dabei auch weiterhin im Netz verfügbar bleiben.

Google macht keine Angaben dazu, wie lange die Bearbeitung solcher Anträge dauern könnte. Der Konzern habe bereits einige tausend Anfragen erhalten, sagte ein Sprecher. Sie müssten erneut über das neue Formular gestellt werden. Gelöscht werden nur Links in Google-Diensten in der EU sowie in Island, Norwegen, Lichtenstein und der Schweiz – nicht aber etwa in der Domain „Google.com“.

„Kein Problem für uns“

Google-Chef Larry Page warnte vor negativen Folgen des EuGH-Urteils. Unter anderem könne es der nächsten Generation von Internet-Startups schaden, sagte er der Financial Times von Freitag. „Wir sind ein großes Unternehmen und wir können auf solche Sorgen antworten und Geld dafür ausgeben, es ist kein Problem für uns.“ Ein Google, das noch aus drei Leuten in einer Garage bestand, hätte es aber härter getroffen. Er befürchte auch, dass dies ein ermutigendes Signal für Regierungen sein könnte, die Online-Zensur betreiben.

Google bildet auch einen Beirat ein, der den Konzern beim Umgang mit dem Problem beraten soll. Dem Beirat gehört unter anderen der Gründer des Online-Lexikons Wikipedia, Jimmy Wales, an der die EuGH-Entscheidung scharf als Schritt in Richtung Zensur kritisiert hatte. Vieles sei für die Umsetzung des Urteils noch unklar – zum Beispiel, nach welcher Frist die Links zu den Informationen gelöscht werden sollten, sagte ein Sprecher. Google rechnet damit, dass strittige Fälle vor Gericht kommen werden.

„Wir versuchen, europäischer zu sein“, sagte Google-Chef Page der Financial Times. Der Konzern wolle die Datenschutz-Problematik stärker aus dem europäischen Blickwinkel betrachten.

Zugleich betont Google, dass man bei der Prüfung der Anträge untersuchen werde, ob ein öffentliches Interesse an den Informationen bestehe – zum Beispiel, ob es um finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Regierungsbeamten geht.

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