Urteile zu Filehostern: Vierzehn Jahre Rückstand

Eine Reihe von Urteilen in den vergangenen Monaten erarbeiten Prinzipien für Filehoster, die schon seit über einem Jahrzehnt gelten – in den USA.

„It's fun at the D-M-C-A“: Die Village People kannten schon lange vor seinem Erlass die Vorzüge des Digital Millenium Copyright Act. Bild: dpa

BERLIN taz | Dateien, die gegen Urheberrechte verstoßen, müssen von Filehostern gefiltert werden, wenn die Rechteinhaber sie auf die Existenz der Dateien hinweisen. So lautet das Urteil des Bundesgerichtshofes zu einer Klage des Videospielherstellers Atari gegen den Speicherdienst Rapidshare.

Weist der Rechteinhaber auf eine illegale Kopie hin, müssen auch sämtliche Kopien gesperrt werden und auch künftige Uploads verhindert werden. Im Zweifel müssten Linklisten im Netz auch mit einem Wortfilter durchsucht werden. Welche konkreten Prüfpflichten nun tatsächlich zumutbar sind soll aber die Vorinstanz entscheiden, an die der BGH den Fall zurückverwies.

Grundsätzlich dürfte es für Rapidshare einfach sein, auch identische Kopien einer gemeldeten Datei zu entfernen. Der inzwischen vom Netz genommene Branchenführer Megaupload hatte das Prinzip bereits eingeführt, um Speicherplatz zu sparen: Identische Dateien wurden über eine einzigartige Zeichenfolge, einem „Hash“, identifiziert. Wenn unterschiedliche Nutzer dieselbe Datei hochluden, wurde nur ein neuer Zugriffslink generiert – und nur eine Kopie der Datei behalten.

Ein Hash kann automatisiert auch genutzt werden, um eine gesperrte Datei an anderen Stellen zu löschen oder um zu verhindern, dass sie erneut hochgeladen wird – das tut beispielsweise Youtube.

Eine Reihe von Urteilen (1., 2., 3.) zum Thema schält in den vergangenen Monaten bestimmte Grundprinzipien heraus: Diensteanbieter haften nicht grundsätzlich für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer, aber wenn sie auf diese hingewiesen werden, müssen sie erstens die konkret beanstandete Datei und weitere Kopien löschen – und meist auch verhindern, dass sie erneut hochgeladen werden.

Nicht endgültig geklärt, sind Fragen nach ähnlichen Dateien die nicht per Hash identifiziert werden können, weil sie nicht identisch mit der gesperrten Datei sind – wenn Fernsehserien beispielsweise seitenverkehrt eingestellt werden.

Offen ist auch, ob Privatkopien auf Filehoster hochgeladen werden dürfen: Bei Rapidshare ist nicht von vorneherein deutlich, ob der Nutzer den Link zur Datei verbreiten will oder nur selbst verwenden will. Nur der erste Fall ist laut Bundesgerichtshof auch eine Urheberrechtsverletzung.

Doch man könnte sich auch die vielen und langwierigen Prozesse sparen: In den USA sind diese Grundprinzipien bereits seit 1998 gültig, als Teil des „Digital Millenium Copyright Act“. Wer seine Rechte verletzt sieht, übermittelt die Dateilinks an Diensteanbieter, die ihre Kunden informieren und die Datei sperren. Halten die Kunden die Datei für legitim, können sie widersprechen – und der Beschwerende kann innerhalb von vierzehn Tagen Klage erheben. Tut er das nicht, wird die Datei wieder freigeschaltet.

Aus dem Gesetz ergeben sich einige Folgeprobleme, beispielsweise wenn es missbraucht wird, um vorübergehend unliebsame Artikel zu sperren, wie es kürzlich dem Technikfachdienst Heise widerfuhr. Doch in der Diskussion über das Spannungsfeld zwischen Filehostern, Nutzern und Rechteinhabern sind die USA Deutschland bislang mehr als ein Jahrzehnt voraus.

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