„Valentin“-Prozess: Zweifelhafter Fund

Die Wohnung eines der Angeklagten im „Valentin“-Prozess wird erneut durchsucht. Sein Anwalt sagt: Das ist ein Einschüchterungsversuch

Bei der Hausdurchsuchung wurde gerade mal ein halbes Gramm Cannabis gefunden. Foto: Abir Sultan/dpa

BREMEN taz | Zum wiederholten Mal hat die Polizei die Wohnung eines der Angeklagten im sogenannten „Valentin“-Prozess durchsucht. Am Donnerstag habe die Polizei um sechs Uhr morgens die Wohnungstür von Wesley S. und seiner beiden Mitbewohner aufgebrochen, sagte gestern sein Rechtsanwalt Jan Sürig. Sie habe das Zimmer von Wesley S. sowie die Gemeinschaftsräume der Wohngemeinschaft durchsucht. Sürig kritisierte den Polizeieinsatz als unverhältnismäßig und nannte ihn ein „Muskelspiel“. Er vermutet, dass es darum ging, Wesley S. und seine beiden Mitangeklagten einzuschüchtern.

Die drei Männer müssen sich derzeit vor dem Bremer Landgericht verantworten. Ihnen wird schwere Körperverletzung vorgeworfen, fast immer in Zusammenhang mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rechten Hooligans und linken Ultras am Rande von Fußballspielen. Während sich der Mitangeklagte Valentin S. in Untersuchungshaft befindet und in allen sieben Fällen angeklagt ist, soll Wesley S. an drei Taten beteiligt gewesen sein.

Die erneute Hausdurchsuchung – laut Sürig „mindestens die dritte“ – bei dem 23-Jährigen begründet die Staatsanwaltschaft mit einem weiteren Tatvorwurf aus dem vergangenen Jahr. Wesley S. soll ein Päckchen mit nicht näher benannten Drogen über die Mauer der Justizvollzugsanstalt Bremen geworfen haben. Der inhaftierte Valentin S. soll diese zuvor über den Handy-Kurznachrichtendienst Whatsapp bei seinem Freund bestellt haben. Dies habe Valentin S. auch zugegeben, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Ob das Päckchen, das die Polizei auf dem Gelände der Haftanstalt konfisziert hatte, tatsächlich für Valentin S. bestimmt war und ob Wesley S. der Absender war, ist unklar. Die Staatsanwaltschaft wollte dies mithilfe der Wohnungsdurchsuchung klären.

Sein Rechtsanwalt stellt die Sinnhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme infrage. Sichergestellt wurden in der Wohnung jetzt laut Staatsanwaltschaft ein halbes Gramm Cannabis, ein Teleskopschlagstock und ein Baseballschläger. Außerdem eine Ampulle mit einer Flüssigkeit, die derzeit im Labor untersucht werde.

„Zur Jagd frei gegeben“

Sürig nannte die Waffen „Selbstverteidigungsgeräte“. Er weist darauf hin, dass sein Mandant im Internet auf einem Neonazi-Blog mit Foto „zur Jagd freigegeben“ worden sei. Zur Erkennung sei ein Bild verwendet worden, das das Anzeigenblatt Weser-Report veröffentlicht hatte, ohne das Gesicht zu verpixeln.

Bei der Durchsuchung habe ein Sprengstoff- und anschließend ein Drogenspürhund die Wohnung durchschnüffelt, erzählt Rechtsanwalt Sürig. Sogar Bücher seien durchblättert worden. Er kritisiert, dass Wesley S. nach der Durchsuchung erneut fotografiert wurde und Fingerabdrücke abgeben musste. Die Staatsanwaltschaft begründet dieses Vorgehen mit einem neuen Tattoo von Wesley S. Dass die Durchsuchung erst zwei Monate nach deren Beschluss durchgeführt wurde, rechtfertigt der Sprecher mit der Vielzahl der vorliegenden Hausdurchsuchungsbeschlüsse.

Der Rechtsanwalt Sürig vermutet einen anderen Grund. Er glaubt, dass die Durchsuchung nur deshalb stattfand, weil jeglicher zweifelhafte Fund bei seinem Mandanten nun viel Medienaufmerksamkeit bekommen würde.

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