Verbraucher kündigen Atomstrom: Einfach online wechseln

Unter dem Eindruck der Ereignisse wenden sich immer mehr Verbraucher vom Atomstrom ab. Aber wohin? Eine Schneise durch den Dschungel der Ökostromanbieter.

Es geht auch zu grün. Bild: Photocase jarts

Vom Atomstrom wegzukommen, ist auf den ersten Blick kein Problem. Das geht ohne jeden bürokratischen Aufwand. Auf jeder Ökostromanbieterseite ist ein Formular verlinkt, in das man seine Daten einträgt – um den Wechsel selbst kümmern sich die Unternehmen.

"Es gab schon signifikant mehr Anfragen die letzten drei Tage", sagt Markus Mann von der MANN Naturenergie. "Viele geben sich jetzt den Ruck, um auf Ökostrom umzuschwenken." Seit 20 Jahren investiert er in regenerative Energien, 1991 hat er die erste Windkraftanlage im Westerwald aufgestellt. "Ich dachte nach Tschernobyl, Du musst da was machen. Und dann haben wir hier was gemacht." Inzwischen setzt sein Unternehmen 25 Millionen Euro jährlich um.

Es gibt momentan vier bekannte bundesweite Ökostromanbieter: Lichtblick, Greenpeace, die Naturstrom AG und die Elektrizitätswerke Schönau. Alle haben bei einem Test der Zeitschrift Öko-Test mit "sehr gut" abgeschnitten, alle haben von der Stiftung Warentest ein "gut" bescheinigt bekommen. Auch in den Preisen unterscheiden sie sich nur marginal.

Daneben gibt es inzwischen eine Menge kleinerer Anbieter, die den vier Evangelisten des grünen Stroms Konkurrenz machen: sei es Naturwatt oder Grünhausenergie, sei es Secura oder Wemag – Ökostrom ist ein wachsender Markt.

Um anhand des eigenen Stromverbrauchs die bestmögliche Variante zu errechnen, haben sich inzwischen viele Stromrechner etabliert: das bekannteste Portal ist bis heute verivox.de. "Trotzdem sollte man sich nicht ausschließlich auf diese Seite verlassen", sagt Jürgen Stellphlug, Autor des Ökotest. Es sei besser, auf drei oder vier Portalen die Ergebnisse abzugleichen.

Richtiges Siegel ist wichtig

Und vor allem auf das richtige Siegel zu achten. Jürgen Stellphlug empfiehlt das Grüner Strom Label (GSL), auf den Rest würde er sich eher nicht verlassen, "auch nicht unbedingt auf Ok-Power, obwohl das vom WWF getragen wird". Ganz ignorieren kann man die TÜV-Untersuchungsergebnisse: Das sei "reines Greenwashing" für die Unternehmen.

Aber auch bei GSL kann sich die Suche unübersichtlich gestalten: Momentan hat die Initiative neben zweier bundesweiter Zugpferde vor allem Produkte von Stadtwerken im Portfolio, Greenpeace oder Lichtblick sucht man auf den Seiten vergebens. "Bei uns handelt es sich um eine freiwillige Zertifizierung", sagt Daniel Craffonara auf Anfrage. "Und manche bundesweiten Unternehmen haben sich für eine andere Labelpolitik entschieden." Es hätte zwar bereits von unterschiedlichen Seiten aus Versuche gegeben, das zusammenzuführen, bisher aber ohne Erfolg.

Entscheidend sei das Fondmodell: dass also ein verpflichtend festgelegter Betrag in neue Anlagen investiert werde. Beim GSL handelt es sich um einen Cent pro Kilowattstunde. Dadurch verringert sich der Anteil der Atomenergie automatisch: denn alles, was an Ökostrom produziert wird, muss im Netz zur Verfügung gestellt werden. Das ist der Hintergrund des Stromeinspeisungsgesetzes, "und das funktioniert ja auch", sagt Stellphlug. "Der Anteil der Atomenergie ist ja deutlich gesunken."

Das könnte auch zum Problem werden, sagt Markus Mann, gerade für die Pioniere: "Vom ersten Schub profitieren wir gerade." Wenn aber die großen Unternehmen in den Markt einsteigen, könnten mittelständische Pioniere über den Preis kaputtgemacht werden. Trotzdem ist er zuversichtlich, denn die großen Konzerne hätten nicht die notwendige Erfahrung. Und zweitens, da vertraue er voll auf seine Kunden, "gibt es diese Treue, diese Verbundenheit, so ein Zusammengehörigkeitsgefühl."

Wenn der Kunde denn dann seinen Anbieter gefunden hat.

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