Verdi und Klima-Allianz zu ÖPNV: Verkehrswende wird nichts ohne gute Arbeitsbedingungen
Soll der Nahverkehr ausgebaut werden, muss man neues Personal mit attraktiven Konditionen locken. Das sei nicht teuer, so das Ergebnis einer Studie.
26 Millionen Menschen in Deutschland nutzen täglich den ÖPNV. Für die Verkehrswende und den Klimaschutz ist der Nahverkehr deshalb eine der wichtigsten Stellschrauben. Aber die Verkehrswende benötigt Personal, und dieses Personal braucht vernünftige Arbeitsbedingungen. Um diese zu schaffen, müsse man in erster Linie mehr Menschen einstellen, zeigt eine Studie von Ver.di und der Klima-Allianz Deutschland. Die Mehrkosten dafür lägen nur bei 7 Prozent.
Immer mehr Menschen nutzen den öffentlichen Personennahverkehr. „Doch der ÖPNV ist so gefährdet wie noch nie“, sagte Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. „In ganz Deutschland werden Strecken gestrichen oder ausgedünnt.“
Dazu komme, dass laut der Studie jährlich etwa 10.000 Beschäftigte den ÖPNV verlassen. Etwa die Hälfte von ihnen geht in Rente, der Rest wechsle aus anderen Gründen den Job.
Und junge Leute kämen kaum nach. „Der Fahrdienst ist wenig attraktiv. Auch im Vergleich zu anderen Branchen“, sagte Christoph Schaaffkamp von der Verkehrsberatung KCW. Neben dem Schichtsystem und schlechter Planbarkeit störe viele, dass Pausen im ÖPNV häufig unbezahlt sind. „Die tatsächliche Anwesenheit am Arbeitsort beträgt so oft zehn, elf, zwölf Stunden. Bezahlt werden sie aber nur für acht“, sagte Schaaffkamp.
Mehrkosten von 7 Prozent
Das liege unter anderem daran, dass Schichten geteilt werden, um Stoßzeiten beim Schul- oder Feierabendverkehr abzufangen. Fahrer:innen würden dafür in den frühen Morgenstunden sowie nachmittags und abends arbeiten. „Dazwischen haben sie unbezahlte Pausen, die als Freizeit gelten“, sagte der Autor der Studie, Harald Blome.
„Hier haben Unternehmen viel Gestaltungsspielraum. Das ist natürlich mit Kosten verbunden“, sagte Schaaffkamp. 1,76 Milliarden Euro würde demnach das Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen jährlich kosten. Bei Gesamtausgaben von fast 24 Milliarden Euro pro Jahr entspricht das Mehrkosten von sieben Prozent.
Unter die untersuchten Maßnahmen fallen etwa die Begrenzung des Pausenabzugs, eine maximale Schichtlänge von achteinhalb Stunden, eine Mindestruhezeit zwischen den von elf statt zehn Stunden sowie Dienstfrei an mindestens der Hälfte der Wochenenden.
Für Klimaschutz katastrophal
„ÖPNV geht nicht ohne die Menschen, die ihn fahren“, sagte Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz. Von der Politik gebe es nur „salbungsvolle Worte“ zum Ausbau des Nahverkehrs. „Wenn es wirklich darum geht, Mittel zur Verfügung zu stellen, etwa beim Deutschlandticket, schieben Bund und Länder sich gegenseitig den schwarzen Peter zu.“
Für den Klimaschutz sei das katastrophal. Deshalb geht die Studie mit einem Appell an die Politik einher: „Wir wünschen uns, dass dieses Thema mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandelt wird“, sagte Langkamp.
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