Vereinsstreit: Es kracht bei der Wacht

Die Landesverkehrswacht schließt eigenen Bremer Mitgliederverband aus, weil der Vorsitzende betrüge. Der sagt, Staatsrat Golasowski will ihn mundtot machen.

Wichtig ist, im Straßenverkehr stets die Übersicht zu behalten. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Banner der Verkehrswacht kennen wohl alle: „Tempo runter, bitte“ oder „Achtung! Schulanfang“. Grün-weißes Logo, hohe Integrität. Doch in Bremen ist das Ansehen der Verkehrswacht beschädigt, es kracht bei den Ablegern des Vereins, der sich seit Jahrzehnten mit Aufklärungsprogrammen um mehr Verkehrssicherheit bemüht: Am Freitag informierte die Landesverkehrswacht Bremen, dass fortan die städtische Verkehrswacht Bremen ausgeschlossen sei. Der Vorwurf des Betruges gegen den Bremer Vereinsvorsitzenden Axel Behme steht im Raum.

Nun muss man wissen, dass die Verkehrswachten in etwa so organisiert sind wie die Sportvereine im Landessportbund: Die eigentlich aktiven und ehrenamtlichen Mitglieder sind in den kommunalen Verkehrswachten organisiert – im Land Bremen bleiben nach dem Rauswurf der städtischen nun noch die Wachten in Bremen-Nord und Bremerhaven.

Die Landesverkehrswacht dient mehr als Mittlerin, um Gelder für Aktionen und Programme aus dem Bundesverein zu verteilen. Genau dabei habe es bei der Verkehrswacht Bremen Probleme gegeben, heißt es vom Landesverband. Man hoffe, dass jetzt „personelle Konsequenzen im Vorstand der Verkehrswacht Bremen“ gezogen würden.

Der Ausschluss zielt auf den Vorsitzenden Behme. Gegen ihn laufen Ermittlungen der Abteilung für „interne Ermittlungen“ des Innensenators. Die ist zuständig, weil Behme pensionierter Polizist ist, zuletzt arbeitete er im Präventionszentrum der Polizei Bremen.

Die Landesverkehrswacht Bremen ist die kleinste der 16 Landesgruppen der Deutschen Verkehrswacht, die 1924 als Verein in Berlin gegründet wurde und sich als Bürgerinitiative versteht. Nach ihrem Verbot 1933 bis 1950 wurde sie 1950 in Bonn neu gegründet.

Die Landesverkehrswacht bietet momentan vor allem Radler-Aufklärung für Schulen an - mit Rolli-Mobil, Unterrichtsmaterial und Fahrradführerscheinprüfung.

Der Kreisverband Bremen-Stadt koordiniert derzeit die Programme "FahrRad... aber sicher!", "Kinder im Straßenverkehr", "Aktion junge Fahrer" und "Mobil bleiben, aber sicher!".

Behme gilt eigentlich als seriös und weist die Vorwürfe zurück. Er vermutet, es gehe vielmehr um seine Kritik am Landesverband und sieht Verkehrs-Staatsrat Wolfgang Golasowski hinter der Aktion. Der ist – privat – Vorsitzender der Landesverkehrswacht. „Wir wollten eine neue Konzeption der Schülerausbildung, es gab Problem mit dem alten Fahrzeug und der Website“, sagt Behme. Sein größter Kritikpunkt sind die Ausgaben: „Die Verkehrswacht Bremen bekommt von der Stadt 9.000 Euro im Jahr. Die Landesverkehrswacht hat fast das Dreifache – nur für ihren Briefkasten“, sagt Behme. Durch die Geschäftsstelle entstünden Personalkosten von fast 25.000 Euro im Jahr. „Darüber wollten wir eine Diskussion anschieben, aber Golasowski fühlte sich so angegriffen, dass er einen Shitstorm losgetreten hat. Er will mich mundtot machen.“

Dass es 2013 Probleme gab, gibt Behme zu. Es seien falsche Personalbögen zu den Abrechnungen gelegt worden, sagt er. „Da sind Fehler passiert und das habe ich auch zu verantworten.“ Die Sache sei eigentlich erledigt gewesen, aber: „Der Vorgang wurde dann benutzt, um uns zum Stillhalten zu drängen.“

Hannelore Herlan, Sprecherin der Deutschen Verkehrswacht in Berlin, spricht allerdings nicht nur von einem, sondern von „mindestens einem Dutzend Fällen“. Bei dem Fall 2013 habe Behme Geld für eine Veranstaltung abgerechnet, die gar nicht stattgefunden habe. „Auch die Art der weiteren Abrechnungen ließ darauf schließen, dass es nicht ein Fehler war, der mal passieren kann, sondern eher ein Betrug“, so Herlan. Auch sie sagt, dass der finanzielle Schaden beglichen wurde. Nur sei Behme nicht einsichtig und die Anträge weiterhin unkorrekt geblieben.

Staatsrat Golasowski sagt, er könne das Verhalten von Behme nicht verstehen: „Wir haben ihm viele Brücken gebaut, aber es war keine Besserung in Sicht.“ Wegen der Eigenständigkeit der Verkehrswacht Bremen sei deren Ausschluss aus dem Landesverband die letzte Möglichkeit gewesen. Er hoffe, dass sich die Verkehrswacht Bremen auf ihrer Mitgliederversammlung am 13. April einen neuen Vorsitzenden wählt. Erst dann stünde einer Wiederaufnahme nichts im Weg. „Aber den Ruf wieder herzustellen, wird Jahre dauern“, so Golasowski.

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