Verfahren gegen Oberbürgermeisterin: Frau Gaschke gekielholt

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Kiels Oberbürgermeisterin Gaschke. Innenminister Breitner verweigert ein Vier-Augen-Gespräche mit ihr.

Frau Gaschke und Herr Albig sind neuerdings ziemlich beste Feinde. Bild: dpa

KIEL dpa | Der Druck auf Kiels Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD) nimmt weiter zu. Die Staatsanwaltschaft leitete am Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen sie ein. Es bestehe der Anfangsverdacht der Untreue in besonders schwerem Fall, teilte die Anklagebehörde mit.

Es geht um Gaschkes sogenannten Steuerdeal mit einem Augenarzt. Dieser zahlt demnach für Immobiliengeschäfte 4,1 Millionen Euro Gewerbesteuern und bekommt dafür 3,7 Millionen an Zinsen und Säumniszuschlägen erlassen. Die Staatsanwaltschaft sieht den Anfangsverdacht, dass Gaschke ihre Eilentscheidung pflichtwidrig vornahm und diese zu einem Vermögensnachteil für die Stadt führte.

Die Ermittlungen richten sich auch gegen Stadtkämmerer Wolfgang Röttgers. Gegen ihn bestehe der Anfangsverdacht der Beihilfe, gab die Staatsanwaltschaft an. Für Gaschke erklärte ihr Anwalt Gerald Goecke: „Dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kann Frau Dr. Gaschke aus zahlreichen Gründen mit Gelassenheit entgegensehen.“

So habe es die Ratsversammlung per Beschluss ausdrücklich abgelehnt, Gaschkes Eilentscheidung aufzuheben. Es sei abwegig, ihr zu unterstellen, sie habe der Stadt einen Vermögensnachteil zufügen wollen oder einen solchen auch nur billigend in Kauf genommen.

Keine Vier-Augen-Gespräche mehr

Auch politisch eskalierte der Konflikt um Gaschke (46) noch einmal: Innenminister Andreas Breitner (SPD) machte klar, wie sehr das Vertrauensverhältnis beschädigt ist. Jeder werde verstehen, „dass ich kein Vier-Augen-Gespräch mit der jetzigen Oberbürgermeisterin mehr führen werde“, sagte Breitner den „Kieler Nachrichten“.

Auf die Frage, ob Gaschke sich im Amt halten könne, sagte der Minister, die Entscheidung darüber bleibe bei ihr selbst. Die Kommunalaufsicht im Innenministerium führt wegen Gaschkes per Eilentscheidung an der Ratsversammlung vorbei verfügten Steuerdeals ein Disziplinarverfahren gegen die Verwaltungschefin.

Gaschke wollte sich auf dpa-Anfrage nicht zu Breitners Aussagen äußern. Sie lehnt einen Rücktritt nach wie vor ab. Diesen fordert die CDU-Fraktion mit einem Antrag an die Ratsversammlung, die am 31. Oktober tagt. Dann steht auch ein FDP-Antrag zur Abstimmung, ein Verfahren zur Abwahl Gaschkes einzuleiten, die erst vor elf Monaten gewählt worden war.

Eskaliert war der ganze Fall mit Gaschkes Vorwurf, Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) habe das Prüfverfahren der Kommunalaufsicht beeinflusst. Nach einem Krisentreffen mit SPD-Landeschef Ralf Stegner nahm Gaschke dies zurück, aber speziell mit Breitner liegen Gaschke und ihr Ehemann, der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels, weiter im Streit.

Einstweilige Verfügungen, Drohungen und Widersprüche

Mit dem Angriff auf Albig schwand nach Aussage der dpa auch der Rückhalt Gaschkes in der SPD-Ratsfraktion. Die Sozialdemokraten kooperieren im Stadtparlament wie auf Landesebene mit Grünen und SSW. Die Grünen legten Gaschke den Rücktritt nahe. Wie die Abstimmungen zu den Anträgen von CDU und FDP ausgehen werden, ist nicht absehbar.

Dass der Innenminister Gaschke öffentlich Vier-Augen-Gespräche verweigert, ist sehr ungewöhnlich. Solche vertraulichen Treffen zwischen Ministern und Verwaltungschefs von Städten sind üblich und das auch unabhängig von der jeweiligen Parteizugehörigkeit.

Breitner bekannte sich in dem Zeitungsinterview auch zu seinem Vorgehen gegen Gaschkes Ehemann Bartels. Der Minister hatte den Generalstaatsanwalt eingeschaltet, weil er sich von Bartels genötigt sah: Dieser habe von ihm gefordert, Albig müsse sich schützend vor Gaschke stellen, und mit der Veröffentlichung einer SMS Albigs an sie gedroht. Bartels erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen Breitner, der damit den Drohungsvorwurf nicht wiederholen darf. Der Minister legte dagegen Widerspruch ein.

Die Unterlassungserklärung von Bartels war am Tag nach dem unter Stegners Regie zustande gekommenen „Friedensschluss“ zugestellt worden. Bartels hätte es in der Hand gehabt, das Verfahren zu stoppen, sagte Breitner. „Dass er dies nicht getan hat, zeigt, dass er sich offensichtlich nicht an die Vereinbarung halten will.“ Diese sah vor, dass die Beteiligten so weit wie möglich rechtliche Auseinandersetzungen beenden. Die Sache Breitner/Bartels liegt bei der Bundesanwaltschaft. Diese prüft weiter, ob sie zuständig ist.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.