Verfahren um Clown-Attacke auf Polizei: Glitzern im Auge

Das Justizministerium stellt einen Zuwachs von Gewalt gegenüber Polizisten fest – selbst Clowns sind aggressiv. Ein Gesetzentwurf soll das ändern.

Vier Clowns auf einer Demonstration

Die CIRCA-Clowns gibt es auf der ganzen Welt. Hier in Brüssel gegen CETA Foto: reuters

BERLIN taz | Sie sind Clowns. Sie sind eine Armee. Ihr Ziel: Die Bespaßung von Demonstranten und Polizisten. Die CIRCA-Clowns (Clandestine Insurgent Rebel Clown Army) haben sich dem gewaltlosen Protest verschrieben. Jetzt aber wurde ein Clown, Codename „Rosa Schlüpfer“, wegen Körperverletzung verurteilt. Grund war der Einsatz von Glitzerpulver, das, einmal in die Luft geworfen, im Auge eines Polizisten gelandet war. Im Dezember noch wurde Rosa Schlüpfer zu 750 Euro Geldstrafe wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung verurteilt.

Im September 2015 blockierte das Aktionsbündnis WTF einen Demonstrationszug der selbsternannten Lebensschützer. Bei ihrem „Marsch für das Leben“ zogen 5.000 Demonstranten schweigend durch Berlin um gegen Abtreibung zu demonstrieren. Bei Auseinandersetzungen waren insgesamt 980 Polizeibeamte im Einsatz. „Ich finde diesen 1.000 Kreuze Marsch einfach ziemlich gruselig und antifeministisch. Das Recht auf den eigenen Körper wird da stark angegriffen,“ beschreibt die 33-jährige Clownin ihre Motivation zu der Demo zu gehen.

„Clowns kommen meistens zu spät. Wir auch“, sagt Rosa Schlüpfer, die ihren richtigen Namen nicht preisgeben möchte. Auf Höhe des Holocaust-Mahnmals traf sie mit ihrer Gruppe auf am Boden sitzende Demonstranten, die von der Polizei eingekesselt wurden. Zusammen mit ihrer Gruppe nahm sich Rosa Schlüpfer der Situation an. „Wir wollten die am Boden sitzenden zum Spielen animieren.“ Einem Polizeibeamten missfiel ihr Einsatz, weil sie die Aufnahme von Personalien der Eingekesselten gestört haben soll. Sie sollten den Kessel verlassen.

Laut Anklageschrift wehrte sich Rosa Schlüpfer gegen den Platzverweis und warf dem Beamten Glitzer-Pulver ins Gesicht. Sie selbst gibt an, das Glitzer zum Abschied in die Luft geworfen zu haben. Als sie später einem weiteren Beamten das Pulver auf die Schulter streute, nahm dieser sie fest. In der Gefangenen-Sammelstelle wurde sie vom Opfer ihrer Glitzerattacke wiedererkannt. Er zeigte sie an.

Zuwachs von Gewalt gegen Polizisten

Bei den Zusammenstößen wurden laut Polizeiangaben 24 Demonstranten festgenommen. Drei seien so schwer verletzt worden, dass sie ins Krankenhaus mussten. Zwei Beamte mussten aufgrund ihrer Verletzungen den Dienst an diesem Tag quittieren. Gegen die rund 1500 Gegendemonstranten, die mit Sitzblockaden den „Marsch für das Leben“ aufhalten wollten, wurde Tränengas eingesetzt. Insgesamt wurden laut Justizministerium im Jahr 2015 mehr als 64.000 Polizisten Opfer von Straftaten.

Das Ministerium stellt für 2015 einen Zuwachs der Gewalt gegenüber Polizeibeamten von 1,9% fest und will mit einem neuen Gesetzentwurf den Schutz von Polizeibeamten stärken. „Es ist höchste Zeit, Polizisten wirkungsvoller zu schützen. Tätliche Angriffe gegen sie müssen besser erfasst und härter bestraft werden,“ so Justizminister Heiko Maas zum neuen Gesetzesentwurf.

Ein tätlicher Angriff soll zukünftig mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Außerdem soll dieser Straftatbestand nicht mehr an die unmittelbare Vollstreckung gebunden sein. Er soll zukünftig auch für Angriffe in der normalen Dienstausübung gelten. Dazu gehört dann auch der Einsatz bei Demonstrationen. Der Rosa Schlüpfer würde zukünftig weitaus höher bestraft. Für sie ist die Geldstrafe allerdings zusammen mit ihren Anwaltskosten eine große Belastung. Deshalb haben sie und die anderen Clowns eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen um die Kosten zu decken.

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