Verfassungsgericht weist Immunitätsgesetz zurück: Berlusconi kann sich nicht drücken

Das italienische Verfassungsgericht hat den Kern von Berlusconis Immunitätsgesetzes zurückgewiesen. Die Richter sollen selbst entscheiden, ob Berlusconi vor Gericht muss.

Eine schnelle Verurteilung des Regierungschefs ist trotz des Urteils kaum zu erwarten. Bild: dpa

ROM taz | Niederlage nach Punkten für Silvio Berlusconi: Auf diese kurze Formel lässt sich die Entscheidung des italienischen Verfassungsgerichts über das Immunitätsgesetz zugunsten des Regierungschefs bringen. Das Gericht verwarf am Donnerstag einige Artikel des im März 2010 verabschiedeten Gesetzes, erklärte es aber nicht in Gänze für verfassungswidrig.

Kern des vorerst letzten juristischen Schutzwalls, den Berlusconi sich hatte errichten lassen, ist die "gerechtfertigte Verhinderung". Der Premier und sämtliche Minister konnten sich im Falle einer Anklage einfach selbst ein Attest ausstellen, wonach sie wegen ihrer dringenden Amtspflichten leider keine Zeit für einen Prozess hätten. Bis zu 18 Monate sollte diese Pauschalentschuldigung gelten. 18 Monate, die die Regierungsmehrheit im Parlament erklärtermaßen dazu nutzen wollte, in aller Ruhe eine wasserdichte Verfassungsänderung durchzubringen, die dem Regierungschef endlich auf Dauer die Immunität gewähren sollte. Schließlich hatte das Verfassungsgesetz im Herbst 2009 schon ein anderes Immunitätsgesetz verworfen, weil es den Regierungschef für die Dauer der gesamten Amtszeit vor Strafverfolgung schützen wollte - nicht möglich ohne Verfassungsänderung, befanden damals die obersten Richter.

Aber auch der letzte, weit bescheidenere 18-Monate-Schutzschirm ist jetzt schwer durchlöchert. Nicht mehr Berlusconi selbst, sondern seine Richter werden nämlich wieder darüber zu befinden haben, ob er denn wirklich stichhaltige Gründe hat, um den Verhandlungen fernzubleiben. Die Prozesse gegen ihn dürften also bald wieder aufgenommen werden. Berlusconi muss sich in einem Verfahren wegen der Bestechung des Anwalts David Mills verantworten, den er mit 600.000 Dollar davon abgehalten haben soll, sein Wissen über Berlusconis Schwarzfirmenimperium im Ausland preiszugeben. In zwei weiteren Verfahren geht es um Steuerhinterziehung.

Alle Prozesse aber werden dazu dienen, die Verfahren nach Kräften zu verzögern - unter anderem durch Verweis auf die vielen Dienstpflichten, denen Berlusconi nachkommen müsse. Denn wenn der Premier auch zwar ziemlich viel Zeit für junge Frauen hat, bleibt ihm doch nie auch nur ein halber Tag, den er den Tribunalen widmen könnte.

Angesichts dieser erprobten Verteidigungsstrategie droht vorerst wohl keine schnelle Verurteilung des Regierungschefs. Denn das Gesetz hat bereits ein wichtiges Resultat erreicht: In den drei mit seinen Kammern befassten Fällen wechselten im letzten Jahr zahlreiche Richter - mit neuen Richtern aber müssen die Verhandlungen wieder von vorn beginnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.