Verfassungsproteste in Ägypten: Muslimbrüder schlagen zurück

Nach den Großdemonstrationen gegen Präsident Mursi übernahmen am Samstag die Muslimbrüder die Straßen Kairos. Sie fordern „Gesetzlichkeit und Scharia“.

Deutlich vernehmbar haben am Samstag in Kairo die Anhänger Präsident Mursis ihre Stimme erhoben. Bild: dapd

ISTANBUL/KAIRO dpa | Auf die heftigen Proteste gegen Ägyptens Präsidenten Mohammed Mursi reagieren die Islamisten mit einer Machtdemonstration. Zehntausende Anhänger des Staatsoberhauptes strömten am Samstag aus dem ganzen Land in die Hauptstadt Kairo, um dessen Regierungsstil zu unterstützen. Unter dem Motto „Gesetzlichkeit und Scharia“ forderten sie einen größeren Einfluss des islamischen Rechts auf den Alltag in Ägypten.

Nach Angaben der Muslimbruderschaft – aus deren Reihen Mursi kommt – riefen 23 Parteien und Bewegungen zu der Veranstaltung auf, neben anderen auch die Salafisten. Viele Anhänger der Islamisten wurden in Bussen zum Kundgebungsort vor der Kairoer Universität gebracht. Auf Transparenten und Plakaten stellten sie sich hinter den neuen Verfassungsentwurf und die Entmachtung der Richter. Demonstranten forderten: „Säubere das Land – und wir sind mit Dir, unser Führer“ und stellten klar: „Der Koran ist unsere Verfassung.“

Gegner des Staatsoberhauptes setzten derweil in geringerer Zahl ihren Protest auf dem zentralen Tahrir-Platz auf der anderen Seite des Nils fort. In der Hafenstadt Alexandria kam es nach Angaben der ägyptischen Tageszeitung Al-Masry Al-Youm zu Zusammenstößen zwischen Anhängern und Gegnern Mursis. Laut Bericht wurden zehn Menschen verletzt.

Gespaltenes Land

Der Streit um die künftige ägyptische Verfassung und Mursis autoritärer Führungsstil haben das Land zutiefst gespalten. Am frühen Freitagmorgen hatte die von Islamisten beherrschte Verfassungsgebende Versammlung im Schnellverfahren alle 234 Artikel eines Entwurfs gebilligt, mit dem die Rolle der islamischen Religionsgelehrten bei der Gesetzgebung gestärkt werden soll. Kritiker befürchten eine strengere Auslegung des islamischen Rechts, der Scharia, die weiterhin wichtigste Quelle der Gesetzgebung bleibt.

In einem Referendum sollen die Ägypter innerhalb von zwei Wochen über die Verfassung abstimmen, die in Abwesenheit der christlichen Parlamentarier sowie vieler liberaler und linker Abgeordneter erarbeitet wurde. Diese hatten das Gremium zuvor aus Protest gegen die islamistische Dominanz verlassen.

Über den Kurznachrichtendienst Twitter erklärten die Muslimbrüder, sowohl die Gegner des Verfassungsentwurfes als auch die Befürworter hätten sich laut und deutlich geäußert. Nun sei die Zeit, das Volk an der Wahlurne entscheiden zu lassen, in welche Richtung das Land gehen solle. Eine Mehrheit für den Entwurf der Islamisten gilt als sicher.

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