Verfassungsschützer im NSU-Prozess: „Ich habe keine Erinnerung“

Zwei Verfassungsschützer, die für den V-Mann Brandt zuständig waren, können sich kaum erinnern. Zudem dürfen sie nur begrenzt aussagen.

Die Angeklagte Beate Zschäpe wird in den Gerichtssaal geführt. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Im NSU-Verfahren traten am Dienstag zwei Verfassungsschutzführer des V-Manns Tino Brandt auf, der Ex-Anführer des rechtsextremen Thüringer Heimatschutzes (THS) und langjähriger V-Mann des Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (TLfV).

Die beiden Verfassungsschützer Reiner Bode und Jürgen Zweigert bestätigten, was öffentlich bekannt ist, konnten sich allerdings an nichts erinnern, was nicht aufgeklärt ist. Das sorgte für einige Verwirrung. V-Mann Brandt, der von 1994 bis 2001 für den TLFV tätig war, hatte nämlich früher ausgesagt, dass er von seinen V-Mann-Führern Geld für Anwälte bekommen hatte.

Außerdem hätten sie ihn vor Polizeimaßnahmen gewarnt. Davon wollten Bode und Zweigert am Dienstag nichts mehr gewusst haben. Zweigert antworte meist: „Ich habe keine Erinnerung.“

Auch von Vermerken über angebliche Geldbitten von „Kameraden“, die er verfasst haben soll, wisse er nichts mehr. Das sei 16 Jahre her, sagte er im Gerichtssaal. Das Geld sollte für das NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe sein.

Die nichts sagenden Aussagen brachten den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl auf. Er fragte: „Wie intensiv haben Sie sich mit dem Sachverhalt der Vermerke auseinandergesetzt?“ Das war pikant. Denn sowohl Bode als auch Zweigert konnten ihre alten Vermerke kürzlich extra einsehen.

Nebenklägerin Seda Basay-Yildiz, die als Anwältin Angehörige des im Jahr 2000 in Nürnberg erschossenen Blumenhändlers Enver Simsek vertritt, hielt Zweigert vor, er selbst habe einen Vermerk zu einem Verfahren Brandts am Berliner Amtsgericht verfasst. Ihre Überlegung: Könnte das TLfV Einfluss auf das Verfahren genommen haben? Zweigert wiederum sagte, sich nicht erinnern zu können.

Vor Durchsuchungen gewarnt

Zweigerts „Kollege“ Bode räumte indes ein, er habe V-Mann Brandt allgemein vor Durchsuchungen gewarnt. Auch habe er ihm Material der Antifa übergeben. Dass die beiden V-Mann-Führer Brandt angewiesen hätten, Straftaten nicht zu melden, stritt Bode allerdings vehement ab. Bode hatte Brandt 1989 betreut und 2001 „abgeschaltet“.

Auf ihre begrenzte Aussagegenehmigung bezogen sich beide, als zwei weitere Nebenklageanwälte, die Anwälte Stephan Kuhn und Sebastian Scharmer, Nachfragen zu V-Männern und Geheimdiensttätigkeiten stellten. So wollten sie unter anderem wissen, ob das rechte Netzwerk „Blood & Honour“ dem mutmaßlichen NSU-Trio half unterzutauchen.

Ein anderer Nebenklägeranwalt meinte, der Verfassungsschutz habe durch seine Zusammenarbeit mit Brandt die Festnahme des Trios verhindert und somit schwere Straftaten ermöglicht.

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