Verfolgung von Raubkopierern: Gorny will Staatshilfe

Der Chef des Bundesverbands Musikindustrie fordert, Deutschland solle sich beim Urheberrechts-Schutz an Frankreich orientieren. Dort soll wiederholt ertappten Raubkopierern der Netzzugang gekappt werden.

Wer kauft, wer klaut? Der Staat muss helfen, Urheberrecht auch im Netz durchzusetzen, findet Gorny. Bild: dpa

BERLIN dpa/taz Probieren kann man‘s ja mal: Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Musikindustrie, Dieter Gorny, fordert im Kampf gegen illegale Internet-Downloads mehr Unterstützung von der Bundesregierung.“Im Gegensatz etwa zu Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy oder US-Präsident Barack Obama denkt die deutsche Politik noch analog“, so Gorny.

Damit reagiert der frühere Viva-Chef auf die jüngsten Querelen um das Telekom-Paket, das in Brüssel unter der Verhandlungsführung der tschechischen Ratspräsidentschaft in der letzten Woche einmal mehr zu Streit geführt hat. Bei dem Paket geht es unter anderen darum, wie Urheberrechtsverletzungen im Internet geahndet werden können. Auf französische Initiative hin wurde hier anfänglich gefordert, bei Filesharing-Wiederholungstätern die Internetverbindung zu kappen - eine Idee, die Präsident Sarkozy, der enge persönliche Kontakte in die Unterhaltungsindustrie pflegt, ohnehin gerne im eigenen Land durchsetzen würde. Nach Protesten von Bürgerrechtlern wurde ein solcher Ansatz auf EU-Ebene jedoch von Kommission und Parlament abgelehnt.

Damit ist die Weitergabe von Informationen der Internetserviceprovider (ISP) an Interessenten wie die Musikindustrie im Rahmen des Telekom-Pakets jedoch noch lange nicht vom Tisch. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen bezeichnete aber Medienkommissarin Viviane Reding eine Einigung vor den Europawahlen im Juni als nicht mehr möglich - was faktisch bedeutet, dass die Verhandlungen nach der Wahl im Herbst von vorne beginnen dürften.

Darum versucht die Musikindustrie es nun über die nationale Ebene. So forderte Gorny im Kampf gegen illegales Filesharing die Internetprovider stärker einzubinden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sehe zwar die Brisanz beim Schutz des Urheberrechts, sie habe dabei aber die „Industriepiraten im Blick, die zum Beispiel Turnschuhe fälschen“, sagte Gorny.

Ziel der Musikindustrie ist es, eine Weitergabe von IP-Adressen von möglichen Raubkopierern bei den Providern abrufen zu können, ohne zu der Ermittlung ihrer Identität den Umweg über Anwälte und Gerichte nehmen zu müssen. In Deutschland lehnen die Zugangsanbieter bisher freiwillige Auskünfte über Raubkopierer ab. Rechteinhaber wie etwa Plattenfirmen und Filmproduzenten, die ihre Werke in Tauschbörsen entdecken, können aber über einen Richter eine Enttarnung der Anschlussinhaber beantragen. Seit 2004 habe die Musikindustrie 100.000 Verfahren eingeleitet.

„Bisher haben wir gezögert, die Verfolgung weiter zu verschärfen, weil wir hoffen, dass sich durch die Entwicklung in Europa auch in Deutschland etwas tut“, sagte Gorny. Zum Entsetzen von Netzbügerrechtlern kann sich Bundesverbands-Vertreter Gorny einen Urheberrechts-Schutz nach französischen Vorbild auch in Deutschland gut vorstellen, oder eben ein nicht näher beschriebenes „Warnsystem“.

Noch in diesem Jahr soll in Frankreich eine neue Aufsichtsbehörde ertappte Raubkopierer zunächst per E-Mail verwarnen, beim dritten Mal wird der Internet-Anschluss abgeschaltet.

Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise vergisst Gorny nicht, auf die ökonomische Bedeutung „seiner“ Branche hinzuweisen: Die Kreativ- und Kulturwirtschaft liege mit 61 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt zwischen der Chemie- und der Automobilindustrie. Welcher Schaden der Musikindustrie tatsächlich durch Filesharer entsteht, ist ein Thema, das derzeit heiß diskutiert wird - etwa beim Pirate Bay-Prozess in Schweden.

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