Verhaftungen in der Ukraine: Nationalstaat gegen Nationalisten

Vor den Stichwahlen am 15. November will die ukrainische Regierung das politische Terrain bereinigen. Mit drastischen Mitteln.

Auszählung der Stimmzettel nach der ersten Runde der Kommunalwahlen in Kiew am 25. Oktober. Foto: ap

KIEW taz | Mit der Verhaftung von Gennadij Korban, einem der engsten Vertrauten des Oligarchen Ihor Kolomojskyj, am Samstagmorgen in Dnipropetrowsk droht eine neue Eskalation im Konflikt zwischen Präsident Poroschenko und dem nationalistischen Spektrum.

Die ukrainische Staatsanwaltschaft wirft Korban, Vorstandsmitglied der nationalistischen Partei Ukrop, die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Entführungen, Schmuggel, Veruntreuung von Spendengeldern und Mord vor.

Mit den veruntreuten Geldern, so eine Sprecherin des Inlandsgeheimdienstes SBU, habe man den Aufbau einer Privatarmee finanziert. Bei einer Verurteilung drohen Korban bis zu 15 Jahren Haft. Ebenfalls am Samstagvormittag hatten die ukrainischen Behörden weitere Partei- und Wahlkampfbüros der Partei Ukrop in Dnipropetrowsk und anderswo durchsuchen lassen.

Dabei habe man, so die Generalstaatsanwaltschaft, im zentralen Parteibüro von Ukrop eine Million Dollar, Kalaschnikow-Gewehre und eine Anlage zum Abhören des Mobilfunknetzes sichergestellt.

Die Vorwürfe: Entführung, Schmuggel, Untreue und Mord

Sofort nach Bekanntwerden der Verhaftung des Nationalisten solidarisierten sich Korbans Weggefährten mit diesem. Einem Demonstrationsaufruf folgten noch am gleichen Abend über tausend Bewohner von Dnipropetrowsk.

Zeitpunkt der Festnahme überlegt gewählt

In einem nächsten Schritt planen mehrere Gruppen aus dem „patriotischen“ Spektrum, darunter auch der Rechte Sektor, eine Großdemonstration in Kiew. „Wir bereiten uns vor und reinigen schon die Waffen“ zitiert der Wochenspiegel den Chef des Rechten Sektors, Dmitrij Jarosch.

Auch die Radikale Partei, die „Selbsthilfe“ und die Timoschenko-Partei „Vaterland“ haben Unterstützung für Korban signalisiert. Ganz überraschend scheint die Verhaftung Korbans nicht gekommen zu sein. „Offensichtlich ist man in der Regierung über die unerwartet hohen Ergebnisse der Rechten bei den jüngsten Kommunalwahlen beunruhigt“, mutmaßt der Politologe Wadim Karasew gegenüber der Agentur Unian.

Mit der Verhaftung des Führers der Ukrop-Partei wolle man den Einfluss der sehr starken rechten und patriotischen Bewegung eindämmen. Bisher hatten es die Behörden gescheut, Korban zu verhaften, war er doch ein enger Weggefährte des früheren Gouverneurs Kolomojskyi. Offensichtlich habe es eine Vereinbarung zwischen dem Oligarchen und den Behörden gegeben, Korban nicht zu behelligen. Dann habe Korban aber in Kiew kandidiert. Deswegen sei erst jetzt der Zeitpunkt für dessen Verhaftung gekommen, so die Einschätzung des Politologen Wladimir Fesenko.

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