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Verlängerte Pause im ZollstreitWie sich Peking Trumps Drohgebärden nutzbar macht

Die USA und China geben sich noch mal 90 Tage, um über Einfuhren zu verhandeln. Tatsächlich hat der Druck chinesische Firmen erfinderisch gemacht.

China hat sich an die Drohgebärden gewöhnt und nutzt sie für sich Foto: Tingshu Wang/Reuters

Seoul taz | Es hatte sich angedeutet, dass US-Präsident Donald Trump trotz rhetorischer Drohkulisse erneut kneifen würde – und so hat er die Zollfrist gegenüber China im letzten Moment nochmals aufgeschoben. Nun bleiben den beiden Weltmächten wieder 90 Tage, um einen Deal auszuhandeln. Chinas Präsident Xi Jinping stimmte dem wirtschaftlichen Waffenstillstand zu.

Die Märkte reagierten euphorisch, verhindert die Verlängerung der Zollfrist doch einen De-facto-Stillstand der bilateralen Handelsbeziehungen. Trump droht den Chinesen nämlich mit Strafzöllen von 145 Prozent, Peking stellte als Gegenreaktion Zölle auf US-Importe von 125 Prozent in den Raum. Nun gelten bis zum 10. November weiterhin Zölle von 30 respektive 10 Prozent.

Die Global Times, das Revolverblatt der Kommunistischen Partei, bezeichnet die vorübergehende Einigung als Chinas „unerschütterliches Bekenntnis“ zu einem fairen Handel. Peking agiere gegen­über Washington auf Augenhöhe. Tatsächlich sind so einige in der Volksrepublik stolz, dass China als einzige große Volkswirtschaft Trump Paroli bietet. Während die EU, Japan oder Großbritannien den erratischen US-Amerikaner möglichst wenig provozieren wollten, zeigte Xi Jinping seine Machtkarten.

Vor allem ein Ass dürfte Trump zum Einlenken bewogen haben: Chinas Quasi-Monopol bei Seltenen Erden. Die Rohstoffe, die es für die Entwicklung von Militärtechnologie, Elektroautos oder auch Computerchips braucht, werden zu über 60 Prozent im Reich der Mitte gewonnen und zu rund 90 Prozent dort verarbeitet. Vor Monaten hat das Handelsministerium Ernst gemacht – und an westliche Partner mehrere Seltene Erden nur dann ausgeliefert, wenn sie nachweisen, dass diese ausschließlich für den zivilen Gebrauch verwendet werden.

Neue Resilienz

Chinas oberstes Ziel ist es, die Zölle vollständig vom Tisch zu bekommen. Ob Peking auch darauf erpicht ist, dass die USA ihre Tech-Sanktionen aufheben, ist bislang unklar. Als Trump Nvidia erlaubte, seine begehrten H20-Chips nach China zu verkaufen, wenn es 15 Prozent der Gewinne an die US-Regierung abgibt, überraschte Peking mit einer ablehnenden Haltung: Es wies die Tech-Unternehmen kurzerhand an, keine Computerchips des US-Marktführers zu verwenden.

Denn: Die harten Sanktionen der USA haben Betriebe wie Huawei erfinderisch gemacht – sie haben heimische Alternativen entwickelt. Die Strategie der USA hat China extrem resilient gemacht.

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