Verleihung der First Steps Awards: Gewinner fahren Nachtbus

Zum zehnten Mal wurden junge Filmemacher mit den First Steps Awards geehrt. Der Preis wird langsam erwachsen und feiert sich selbst - völlig zu Recht.

Bekamen den Preis für den besten Werbespot: Hanna Maria Heidrich und Alex Eslam. Bild: dpa

Noch tief in der Nacht umklammerte Philipp Döring seinen First Steps Award. An der Garderobe wollte er die Glastrophäe nicht abgeben - ein Pulitzerpreisträger soll damit mal schlechte Erfahrungen gemacht haben, erzählte er.

Wenige Stunden zuvor hatte der 32-jährige Student der Filmakademie Ludwigsburg den Preis für seinen Kurzfilm "Am anderen Ende" entgegengenommen. In dem Film spielt Ursula Werner eine Telefonseelsorgerin, die sich jede Nacht um die Probleme anderer kümmert, es aber kaum schafft, sich aus der Koabhängigkeit ihrer Tochter zu lösen.

Der Kurzfilmer Döring war der Erste, der seinen Preis am Dienstagabend im Theater am Potsdamer Platz in Berlin entgegennehmen durfte - und das lief noch nicht reibungslos. Zunächst stürmten Moderatorin Jasmin Tabatabai und First-Steps-Initiator Nico Hofmann zu früh auf die Bühne - die Jury hatte sieben und nicht wie üblich fünf Kurzfilme nominiert -, und dann fehlte der Briefumschlag.

Doch es war gerade diese Imperfektion, die der Veranstaltung Charme verlieh. Tabatabai war mal frech, wenn sie sich über den Titel des Senior Vice President German Free TV lustig machte, mal charmant (gegenüber Senta Berger) und mal einfach talentiert komisch, als sie Werbejingles von "Der General" bis "Rohrfrei" nachträllerte. Anschließend bekamen Alex Eslam und Hanna Maria Heidrich den Preis für den besten Werbespot.

Zum zehnten Mal wurden in diesem Jahr die First Steps Awards verliehen. Mit ihnen sollen die besten Abschlussfilme der deutschen Filmhochschulen ausgezeichnet werden. Es ist nicht nur ein Preis, sondern auch eine Kontaktbörse zwischen Filmnachwuchs und -branche, zu der Susan Schulte vom SWR gehört, die für ihre Arbeit als Redakteurin von "Debüt im Dritten" vielen jungen Stoffen ins Fernsehen verhalf und dafür den Ehrenpreis erhielt. "Es hat sich toll entwickelt", sagte Nico Hofmann, Regisseur und Produzent von Teamworx, während er in den vollen Saal blickte.

Mit 80.000 Euro sind die sechs Awards dotiert. "Die einen können in neue Projekte investieren", sagte Hofmann, "doch viele müssen erst mal ihre immensen Schulden begleichen."

Zur zweiten Gruppe gehört Maik Bialk. Tief im Dispo gedachte der Gewinner in der Kategorie Dokumentarfilme während der Dankesrede seinen Gläubigern: "Da wartet noch so mancher." Sein Film "Die Maßnahme" erzählt von einem Ort in Sachsen-Anhalt, in dem die Bundesagentur für Arbeit (BA) die Vollbeschäftigung probt. Dafür müssen die Langzeitarbeitslosen Steine von Haufen zu Haufen schleppen und zu fünft ein Minibeet umpflügen. Karriere macht am Ende aber nur einer: Rainer Bomba, der Leiter der BA-Maßnahme.

Karriere machen in "WAGs" auch nur Männer. "WAGs" steht für "Wives and Girlfriends": Der Siegerfilm in der Rubrik "Spielfilme bis 60 Minuten" von Joachim Dollhopf und Evi Goldbrunner über Spielerfrauen, die sich noch nicht einmal im Olympiastadion frei bewegen können - trotz VIP-Passes. Im Leben ist der Entfaltungsradius ähnlich groß.

Unterstützung holte sich Maximilian Erlenwein auf die Bühne. Er hatte gerade mit seinem abendfüllenden Spielfilm "Schwerkraft" die wichtigste Trophäe und den dicksten Scheck eingesackt. Da brauchte es schon mal eine Souffleuse, die ihm zuflüsterte, wem er noch danken sollte.

Kurz zuvor war ein zweites Mal "Am anderen Ende" ausgezeichnet worden: Katharina Kress bekam den nur zum First-Steps-Jubiläum verliehenen Drehbuchpreis. Der große Gewinner war also ein kurzer Film. Und Regisseur Döring erinnerte sich später an den Satz von Senta Berger: "Genießt den Abend, es kommen auch wieder andere Zeiten" - und nahm den Nachtbus nach Hause.

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