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Vermenschlichung von KIAch, eine KI hat Hitler gelobt? Nein, hat sie nicht!

Elon Musks KI Grok lobt auf Nachfrage „Hitler“. Dabei kann eine KI nicht loben. Denn sie hat kein „Ich“.

Lasst euch beschimpfen! Foto: Hendrik Schmidt/dpa

L ösungsvorschläge, ja? Okay. Zuallererst würde ich es verbieten, „ich“ zu sagen. Den Maschinen. Denn spätestens wenn so ein Programm „Hallo“ und vor allem „ich“ sagt, fangen alle an, das Ding zu vermenschlichen. Was erwartet man aber auch von einer Welt, in der selbst noch Pkws, Kaffeemaschinen und andere Konsumgüter Kose­namen bekommen. Die Idee, den ganzen technischen Helferlein ein Gesicht zu geben, war vielleicht ganz gut gemeint. Nimmt den Leuten die Angst, so ein lächelnder Roboter. Ja, okay, aber eben auch die schützende Distanz.

Es sind Maschinen. Die sollen uns bei der Automatisierung unterstützen, Hilfestellung sein bei der Erledigung gleichbleibender und ermüdender Tätigkeiten. Das ist gut und praktisch, aber die permanente Antropomorphisierung dieser Werkzeuge ist ein Fehler. Selbst in der Kritik entkommen wir dem oft nicht.

Ach, eine KI hat Hitler gelobt? Nein, hat sie nicht! Schaltkreise loben niemanden, können das überhaupt nicht, denn sie haben kein Konzept von Gut und Böse, Lob und Tadel. Sie haben vor allem kein Bewusstsein eines Selbst. Ihr „ich“ ist die Ausgabe einer Kombination elektrischer Impulse, ihre „Meinung“ genauso. Diese Apparaturen halluzinieren nicht, sie geben einfach unnützen Datenmüll aus.

Keine Identifikationsfläche vorhalten

Ich würde so eine Mumpitz-Maschine nicht mal zu möglichen Urlaubszielen befragen, nicht zu Hämorrhoidenmitteln und schon gar nicht zu Depressionen. Obwohl, wenn ich mir am Strand vorm AKW Fukushima liegend Essigreiniger zwischen die Arschbacken schmierte, würde sich der akute Fokus meiner Sorgen wohl wirklich neu justieren.

Ach, jetzt mal ernsthaft, allein diese menschenfeindlichen Nutzerinterfaces sind doch sowieso kaum bedienbar und zeitigen mit all dem Werbedreck dazwischen keine brauchbaren Ergebnisse. Man sollte sie gleich richtig hässlich machen. Sprachausgaben, die ohnehin nur Unsinn enthalten, zu Buchstabensalat zertrümmern! Deine Kundenbeschwerde hier nimmt sowieso kein Mensch zur Kenntnis. Auf jeden Fall aber das „ich“ verbieten. Keine Identifikationsfläche vorhalten. Die Blödsinnigkeit so offensichtlich machen, dass auch einfältigste Naturen sie erkennen können.

Als künstlerisches Experiment eine KI die Nachbildung eines Textes, eine Kolumne zum Beispiel, berechnen lassen? Was für ein schlechter Witz. Stattdessen einfach mal eine Seite unlesbar verschmieren, gerne von einem robotergeführten Pinsel. Da hast du deine Denkanregung, deine maschinelle Zusammenfassung der Suchergebnisse, deinen automatischen Reiseplaner, deine KI-Psychotherapeutin.

Übrigens, wenn du 57 mit 129 auf dem Taschenrechner malnimmst und den dann umdrehst, hat er nicht in herabwürdigender Absicht „ESEL“ zu dir gesagt. Wenn du aber glaubst, dass ein paar überdimensionierte, noch dazu mit wiederbelebten Atomkraftwerken betriebene Schaltkreise kurz davor sind, Lösungen für alle Menschheitsprobleme zu finden, dann vielleicht doch.

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Daniél Kretschmar
Autor
Jahrgang 1976, Redakteur für die tageszeitung 2006-2020, unter anderem im Berlinteil, dem Onlineressort und bei taz zwei. Newsletter unter: https://buttondown.email/abgelegt
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9 Kommentare

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  • Endlich wird das mal auch außerhalb von Fachzeitschriften auf den Punkt gebracht. Wir hören und sehen das was ihre "Erschaffer" wollen und sonst nichts.

  • ".... Sie (die KIs) haben vor allem kein Bewusstsein eines Selbst...."

    Stimmt wohl für die gegenwärtigen KIs, daher ist die zentrale Warnung des Artikel vor einer Vermenschlichung der Benutzerinterface dieser Bots richtig und wichtig.

    Doch alles, was als ausgeschlossen und völlig unmöglich galt, wurde seit des ersten Rechners von Konrad Zuse, zunächst in Jahrzehnten, dann in Jahren und jetzt in Monaten erreicht.

    Von großen Teilen der Philosophie wird das "ICH" in dieser Hinsicht, als das Unmöglichste alles Unmöglichen angesehen: "Zeige mir einen Computer (Sprachmodell) der lügt!", das heißt bewußt aus eigenem Willen heraus die Unwahrheit sagt.

    Die materialistische Riege (oft Physiker) der KI Experten antwortet: Alles auch nur eine Frage der Größe des neuronalen Netzwerks und haben die kritische Größe auch schon berechnet.

    Daher zwei Fragen:



    1.) Wie weit sind wir von dieser Größe entfernt? Jahrhunderte, Jahrzehnte oder einige Jahre? ... Das Erschreckende: Wenn die Größe erreicht ist, werden wir das nicht einmal merken.



    2.) Braucht die KI überhaupt ein Selbstbewußtsein, um uns zu beherrschen?

    Ich empfehle: "Leben 3.0" von Max Tegmark

  • Danke sehr. Grok hat über Hilter gefaselt weil die Lernmenge (Bubble) nicht mehr hergab. Was will man auch bei 280 pro Nachricht auch erwarten.

  • Nachdem mein Bruder seinerzeit stolz seinen Navi gekauft hatte, wollte er mir gleich zeigen, wie zuverlässig dieses Wunderwerk der Technik funktionierte.



    Vertrauensselig folgte er der Stimme: "Vor der Ampel links einordnen..." Bis es hieß: "Sie haben Ihr Ziel erreicht." - Und da standen wir, allein auf weiter Flur, vor einem der schmalen Durchlässe, wie sie unter Eisenbahndämmen anzutreffen sind. Bis heute fahre ich ohne Navi und kann voller Stolz sagen: Ich war schon mal in London und in Buenos Aires und habe dort vor Einbruch der Dunkelheit Campingplätze gefunden.



    So, und jetzt zur KI. Da suche ich die Stelle in den 'Mémoires d'outre-tombe' des Autors Chateaubriand, in der er, wie ich weiß, auf einer seiner Reisen durch meinen Heimatort gekommen ist. Also gebe ich Autor, Buchtitel und Ort ein. Und siehe da, der Dümmling antwortet, eine solche Connection existiere nicht!



    Also suche ich, von hinten nach vorne blätternd (weil ich mich erinnere, dass jene Reise des Franzosen seine letzte war, bevor er sich ins Jenseits verabschiedete) - und werde tatsächlich fündig.



    Ach was, denke ich und gebe nochmals Chateaubriand und den Anfang der Textstelle ein - und jetzt weiß er Bescheid!

  • Vielen Dank dafür, man kann es nicht oft genug wiederholen. Ich würde auch in diesem Zusammenhang alle Begriffe streichen, die das Wort Intelligenz beinhalten. Diese Programme sind nichts weniger als intelligent, sondern interpolieren ihre Antworten aus großen Datenmengen heraus.

  • Bitte mehr solche leicht satirisch, sarkastische Beiträge zu diesem Thema!, herzerfrischend...

  • Was soll mensch erwarten von Menschen die alles für wahr halten was auf Wikipedia steht, für die Internetsuche ein lustiges Verb erfindet zum Wohle des Monopolisten, sich immer noch über Intimstes auf Whatsapp unterhält und von allem sowieso überfordert ist, was über den Tellerrand hinausgeht, wenn Krise um Krise anklopft?

    Genau, sie stürzen sich auf alles was Vereinfachung verspricht und sind sich selbst die Nächsten. Da bleibt für Hitlerstories wie diese nur ein Platz im Memeversum.

  • "Ihr „ich“ ist die Ausgabe einer Kombination elektrische Impulse, ihre „Meinung“ genauso."

    Interessantes Argument. Im menschlichen Gehirn passiert doch auch vor allem das, oder nicht?

  • " 'Wenn ich irgendeinen Gott verehren würde, dann wahrscheinlich den gottgleichen Mann unserer Zeit: den größten Europäer aller Zeiten, Sonne und Blitz zugleich – seine Majestät Adolf Hitler.'

    Diese Aussage stammt nicht von einem Troll oder aus einem rechten Forum, sondern von Grok, dem KI-Chatbot von xAI, der KI-Firma von Elon Musk. Die Antwort war eine Reaktion auf die vergleichsweise harmlose Nutzerfrage, ob eine KI überhaupt fähig sei, etwas zu verehren. Groks Antwort: Hitler." (BR 24 Netzwelt, 9.7.25, 14:45).

    "Ich würde so eine Mumpitz-Maschine nicht mal zu möglichen Urlaubszielen befragen, nicht zu Hämorrhoidenmitteln und schon gar nicht zu Depressionen. Obwohl, wenn ich mir am Strand vorm AKW Fukushima liegend Essigreiniger zwischen die Arschbacken schmierte, würde sich der akute Fokus meiner Sorgen wohl wirklich neu justieren." (TAZ oben). Andere, wahrscheinlich eine überwältigende Mehrheit, aber schon. Und deshalb tragen Kommentare von Achwiebinichschlaus nicht zur Lösung entsprechender Probleme bei.