Vermieter muss zahlen: 50.000 Strafe für Mietwucher
Erstmals wird in Berlin ein Vermieter wegen überhöhter Miete zur Kasse gebeten. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte das Bußgeld ausgesprochen.
taz | Für das Verlangen einer Wuchermiete muss ein Vermieter in Friedrichshain-Kreuzberg knapp 50.000 Euro an Bußgeld bezahlen. Das Wohnungsamt des Bezirks hatte eine Strafe von 26.253,50 Euro festgesetzt; zudem müssen 22.264,08 Euro an zu viel gezahlter Miete an die Mieterin zurückgezahlt werden. Das Verlangen von Wuchermieten, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 50 Prozent überschreiten, ist in Deutschland eine Straftat. Bei einer Überschreitung um mindestens 20 Prozent liegt eine Ordnungswidrigkeit vor.
Doch der Bezirk um die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin für Bürgerdienste, Regine Sommer-Wetter (Linke), hatte die Strafe festgesetzt, gegen den sich der Vermieter zunächst per Einspruch gewehrt hatte. Doch einen Tag bevor es am Donnerstag zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte, zog der Vermieter den Einspruch zurück – und akzeptierte die Strafe, wohl, um ein Grundsatzurteil zu Wuchermieten zu vermeiden.
Angesichts des ersten rechtskräftigen Bußgeldbescheids im Bezirk wegen Verstoßes gegen Mietpreisüberhöhung freute sich Sommer-Wetter über einen „guten Tag für die Mieterinnen und Mieter Friedrichshain-Kreuzbergs.“ Sie hoffe, „dass der heutige Bescheid Vorbildwirkung für andere Bezirke im Wirken gegen überhöhte Mietpreise in Berlin haben wird“, hieß es in einer Mitteilung des Bezirks.
Auch der Mietenexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus begrüßte die Signalwirkung, die von dem Fall ausgehe: „Das könnte ein Dammbruch beim Vorgehen gegen illegale Mieten in Berlin sein.“ Vor knapp einem Jahr hatte Die Linke für mehrere Großstädte einen Mietwucher-Check ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe Mieter:innen ermitteln können, ob ihre Miete über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.
Verbreitetes Problem
Bis Mitte Mai war dieser in Berlin mehr als 50.000 Mal genutzt worden. In rund 35.000 Fällen habe demzufolge eine überhöhte Miete um mindestens 20 Prozent vorgelegen. Die durchschnittliche Überhöhung lag laut der Linken bei 54,7 Prozent. An die Bezirksämter waren 2.000 Fälle gemeldet worden; in keinem einzigen war eine Absenkung der Miete erfolgt. Anträge der Linken an den Senat, die Bezirk zu unterstützen, waren abgelehnt worden.
In einem vor kurzem vorgestellten Sofortprogramm gegen die Wohnungsnot, das die Berliner Linke nach der Abgeordnetenhauswahl in einem Jahr umsetzen will, hatte sie deshalb die Einrichtung einer Task Force mit 100 Stellen und einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft gegen Mietkriminalität gefordert. Diese solle gegen Fälle von Mietwucher, illegale Ferienwohnungen und möbliertes Kurzzeitwohnen vorgehen.
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