Vernetzung der rechten Szene: Brauchtumspflege unter Freunden

In seinen Publikationen bringt Dietmar Munier die zerstrittene rechte Szene zusammen. Jetzt feierte er Sonnenwende in Martensrade - wo man über ihn kein schlechtes Wort verliert.

Sonnenwendfeier: Gitarrenklänge und Gesang wehen über das Feld. Bild: dpa

MARTENSRADE taz | Gitarrenklänge und Gesang wehen über das Feld. "Freiheitlich ist das Feuer", so könnte der Refrain lauten, aber er ist zu leise, um sicher zu sein. Als die Musik endet, verlassen Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche, zumeist in Trachtenartiges gekleidet, den von Wald umgebenen Kreis. Ein paar Mädchen, Fackeln in den Händen, das Haar in Zöpfen, gehen zum "Feuerstoß". Später erklingen Fanfaren.

Martensrade, Landkreis Plön, vergangenen Samstag Nachmittag: Der Verleger Dietmar Munier hat zur "Sonnenwendfeier" eingeladen. Rund 50 "liebe Freunde" sind gekommen, auf dem weitläufigen Gelände sind Zelte aufgebaut. Ausdrücklich hieß es in der Einladung: "Wir wünschen keine Ankündigung bzw. Verbreitung des Termins."

Diese exklusive Praxis betreibt Munier, dessen Verlagsgruppe "Lesen & Schenken" das schleswig-holsteinische Landesamt für Verfassungsschutz als "bedeutendsten" geschichtsrevisionistischen Verlag in Deutschland bezeichnet, schon länger. In den Jahren zuvor, auch das war der Einladung zu entnehmen, hatte die Feierlichkeit jeweils eine Stunde später stattgefunden.

In Martensrade sitzt die "Lesen & Schenken Verlagsauslieferung und Versandgesellschaft mbH". Zur Gruppe gehören weiterhin:

der Arndt-Verlag

der Bonus-Verlag

der Orion-Heimreiter-Verlag

der Pour le Mérite-Verlag

der Arndt-Buchdienst / Nation & Europa

der Nation & Europa-Verlag

der DMZ-Verlag

Über sie werden herausgegeben:

die Deutsche Militärzeitschrift (DMZ) und

Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin

Vor Ort in der 100-Seelen-Gemeinde will man so recht nichts Schlechtes sagen über den bedeutenden örtlichen Arbeitgeber: "Nein, hier macht der nichts", heißt es immer wieder auf die Frage, wie oft es in Martensrade schon derartige Brauchtumsfeiern gab. Auch die Polizei äußerte sich so.

Seine publizistische Karriere begann der heute 58-jährige Munier vor fast 40 Jahren, 1973, mit einem Buchladen namens "Nordwind" in Kiel. Obwohl er da bereits Mitglied der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" war, reizte ihn Parteipolitik wenig. Munier baute und kaufte nach und nach diverse Magazintitel und Verlage auf.

Eines seiner zahlreichen Printprodukte ist heute bundesweit an Bahnhöfen und Kiosken zu erhalten: Zuerst! Deutsches Nachrichtenmagazin. Auf dem Titel der aktuellen Ausgabe: Thilo Sarrazin, darunter: "Der letzte Sozialdemokrat. Geliebt und Gehaßt." Erstmals erschien das farbige Hochglanzheft mit 84 Seiten Ende 2009. Ein Spiegel von rechts soll das "deutsche Magazin" erklärtermaßen sein, mit einer angeblichen Startauflage von 86.000 Exemplaren.

Über die Ausrichtung lässt Munier keine Zweifel aufkommen: Mit der "rechten Zeitung", so Munier, sollte im "linken Narrenhaus" Bundesrepublik die "ganzen Alt-68er, die am Drücker sitzen, ordentlich in die Zange" genommen werden, hieß es. Deutschland befinde sich in "höchster Gefahr" - durch "massenhafte Einwanderung", "rekordverdächtige Fortpflanzung der Fremden" und den "Verlust der eigenen ethnischen Identität. Und so wettert Zuerst gegen eine angebliche "Türken"-, aber auch gegen eine "Homo-Lobby".

Längst hat sich das Magazin zum strömungsübergreifenden Medium der rechtsextremen Szene etabliert. Der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel stellte darin sein Programm vor, ebenso ließ das Blatt den Vorsitzenden von "Pro NRW", Markus Beisicht, seine Positionen ausbreiten. Das Kameradschaftsnetzwerk "Spreelichter" erklärte in Zuerst seine Aktion "Die Unsterblichen". Das Netzwerk wurde am 19. Juni vom brandenburgischen Innenministerium verboten.

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