Verspätungschaos bei der Bahn: Mehr Service statt Pünktlichkeit

Die Bahn setzt auf mehr Mit­ar­bei­te­r:in­nen in Zügen und ehrlichere Fahrplanauskünfte. Längere Umsteigezeit soll verspätete Reisende gnädig stimmen.

Menschen stehen auf einem Bahnsteig.

Warten auf den Zug: Szene vom Frankfurter Hauptbahnhof Ende Juni Foto: Arne Dedert/dpa

BERLIN taz | Die Deutsche Bahn reagiert auf die Unzufriedenheit wegen Verspätungen und Zugausfällen, indem sie 980 zusätzliche Servicekräfte im Fernverkehr einstellt. Außerdem verlängert sie die eingeplanten Umsteigezeiten bei Buchungen und digitaler Abfrage des Fahrplans.

Derzeit haben außergewöhnlich viele Fernzüge Verspätung, etliche fallen ganz aus. Verantwortlich dafür sind unter anderem Baustellen auf vielen wichtigen Strecken. Der Unmut darüber bei Kun­d:in­nen ist groß, aber auch bei Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Wissing hat auf den Missstand beim Staatskonzern reagiert, indem er eine Steuerungsgruppe in seinem Ministerium eingerichtet hat, um die Entwicklung enger zu kontrollieren.

„Wir bieten unseren Fahrgästen zurzeit nicht, was sie erwarten“, sagte der für den Personenfernverkehr verantwortliche Vorstand der Deutschen Bahn, Michael Peterson, vor Jour­na­lis­t:in­nen in Berlin. Um die Begleitung der Reisenden zu verbessern, stockt das Unternehmen die bislang 8.000 Servicekräfte im Fernverkehr in den kommenden Monaten um 980 weitere auf.

750 sollen in der Bordgastronomie und als Zugbegleiter eingesetzt werden. 100 neue Gäs­te­be­treue­r:in­nen sollen Fahrgästen beim Ein- und Aussteigen, dem Finden eines Sitzplatzes oder dem Verstauen von Gepäck helfen. Weitere 130 neue Mit­ar­bei­te­r:in­nen werden in großen Bahnhöfen zur Unterstützung von Fahrgästen eingesetzt.

Run auf die Schiene

Auf die vielen Verspätungen reagiert die Deutsche Bahn mit einer Verlängerung der Umsteigezeiten. „Damit Anschlusszüge zuverlässiger erreicht werden, achten wir in den Fahrplanmedien ab sofort auf großzügigere Umsteigezeit“, sagte Peterson. Das gilt zum Beispiel für die App DB Navigator. „Knappe Anschlüsse, die in der aktuellen betrieblichen Lage schwer erreicht werden können, zeigen wir jetzt schon bei der Planung und Buchung nicht mehr an“, sagte Peterson. Davon betroffen sind rund 800 Verbindungen. Statt 8 Minuten beträgt die Umsteigezeit nun bis zu 14 Minuten. Sollten Kun­d:in­nen mit einem Sparticket, das eine feste Zugbindung auch bei Anschlüssen vorsieht, einen früheren Zug erreichen, können sie den nehmen, sagte Peterson. Die Zugbegleiter seien angewiesen, das zu akzeptieren.

In den vergangenen Monaten habe es im Fernverkehr einen „historischen Run auf die Schiene“ gegeben, berichtete Peterson. „Noch nie sind so viele Menschen so viele Kilometer ICE und Intercity gefahren wie in den vergangenen drei Monaten von Mai bis Juli 2022.“ Auch der grenzüberschreitende Bahnverkehr hat sich im ersten Halbjahr fast verdoppelt auf 19 Millionen Fahrgäste.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.