Versteckte tierische Inhaltsstoffe: Schluss mit Schweinesaft

Für die Kennzeichnung tierischer Bestandteile in Lebensmitteln gibt es keine gesetzliche Regelung. Nun sorgen erste Hersteller für mehr Transparenz.

Totes Schwein. Macht den Saft rein Bild: reuters

BERLIN taz/afp | Schweinegelatine im Saft, Fisch und Wild in Kartoffelchips – und kein Wort davon auf der Verpackung. Nachdem die Verbraucherorganisation Foodwatch 2012 die laxe Kennzeichnung von tierischen Bestandteilen in Lebensmitteln bemängelt hatte, haben jetzt die ersten Hersteller reagiert. Bei zahlreichen, teils sogar als vegan oder vegetarisch beworbenen Nahrungsmitteln verwendeten Produzenten nach Angaben von Foodwatch weiterhin versteckte tierische Inhaltsstoffe.

Nach wie vor würden einzelne Fruchtsaftproduzenten auf ihren Internetseiten zu Unrecht damit werben, ihr Saft werde ohne tierische Bestandteile hergestellt und sei damit für Veganer geeignet, erklärte Foodwatch. Dass der Orange-Mango-Ananas-Saft von Valensina mit Hilfe von Schweinegelatine von Trübstoffen befreit werde, erfahre der Verbraucher beim Einkauf nicht. Auch Hersteller von Kartoffelchips verwendeten noch immer Bestandteile vom Schwein, Rind oder Geflügel als Aroma.

Im deutschen Lebensmittelgesetz gibt es keine verpflichtende Regelung zur Kennzeichnung von Zutaten tierischen Ursprungs in Produkten. Foodwatch sowie die Vegane Gesellschaft Deutschland und der Vegetarierbund Deutschland fordern die Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) auf, die entsprechende Gesetzeslücke zu schließen. Über 70.000 Verbraucher unterstützen diese Forderung in einer E-Mail-Aktion.

Bislang reagiert hätten darauf der Safthersteller Eckes-Granini und der Molkereikonzern Deutsches Milchkontor (DMK) mit der Marke Milram. Eckes-Granini verwende im Multivitaminsaft "Hohes C" nun anstatt tierischer Gelatine einen pflanzlichen Stoff als Träger für das zugesetzte Provitamin A. Auch der Milram-Hersteller DMK verzichte bei seinem "Frühstücksquark leicht" nun auf Gelatine als Verdickungsmittel. Aufgedruckt ist auf Verpackungen nun ein Vermerk "Ohne Zusatz von Gelatine".

Ritter Sport doch nicht vegan

Der Hersteller Ritter Sport sorgte nach Angaben von Foodwatch für mehr Klarheit bei einzelnen Schokoladensorten. Zwar habe sich der Produzent noch 2012 mit seinen Geschmacksrichtungen Marzipan, Halbbitter und Edel-Bitter an die "Freunde veganer Schokolade" gewandt. Zugleich aber hatte das Unternehmen darauf verwiesen, dass auf den Verpackungen ein Milchzuckergehalt von 0,4 Prozent angegeben ist. Als Hintergrund nannte der Hersteller, dass Schokolade mit und ohne Milchbestandteile auf der gleichen Anlage produziert werde und eine Verunreinigung deswegen nicht ausgeschlossen werden könne. Ende Januar erklärte Ritter Sport dann, solange Verunreinigungen nicht ausgeschlossen werden könnten, werde das Unternehmen "nie 'vegan' auf eine Sorte schreiben".

2012 hatte Foodwatch eine Liste mit Beispielprodukten veröffentlicht, die versteckte tierische Bestandteile enthielten und dem Bundesverbraucherministerium einen Vorschlag für Kennzeichnungsregeln vorgelegt. Bislang sind die Begriffe "vegetarisch" und "vegan" nicht gesetzlich definiert.

Comments

[quer-ulantin]

Dieses Foto hätte nicht sein müssen!

Etwas mehr Respekt vor der Kreatur - auch vor Tieren - wäre angebracht (wenigstens hier)!!!

Sie zeigen doch auch keine derartigen menschlichen Leichen!

[eva]

Es ist höchste Zeit, diesen Mißstand zu ändern.

Die vermeintliche Volldeklaration der Inhaltsstoffe ist nichts als Verbrauchertäuschung.

Ich will in meinem Orangensaft keine Schweineknochen, in meinem Wein keine Fischrückstände. Und ich möchte selbst entscheiden dürfen, ob ich etwas trinke, das diese Stoffe enthält oder nicht. Ich will die Tierindustrie ncht unterstützen, schon gar nicht ohne mein Wissen.

Firmen müssen endlich verpflichtet werden, die Inhaltsstoffe ihrer Produkte tatsächlich und nur andeutungsweise zu deklarieren. Alles andere ist Täuschung und Verbraucherbetrug.

[u. wagner]

Grundsätzlich gesünder wird die Schokolade davon allerdings nicht, wenn sie keine Gelatine enthält, nur weniger eklig.

Man muss das auch mal ein bißchen differenzierter formulieren: Wenn Substanzen z.B. tierischer Provenienz als technische Hilfsstoffe zur Klärung von Säften (oder Weinen) verwandt werden, unterliegen sie nicht der Kennzeichnungspflicht. Aber nicht, weil sie tierischer Herkunft sind, sondern weil sie nicht im Lebensmittel verbleiben und daher nicht als Zutat gewertet werden. Diese Besonderheit und Ausnahme bei den Deklarationspflichten lässt es zu, dass die unmöglichsten Substanzen während des Verarbeitungsvorgangs in Kontakt mit unseren Lebensmitteln kommen. Wären diese auch deklarationspflichtig, was ich für völlig selbstverständlich halte, hätten viele Verbraucher schon längst angeekelt ihren Konsum geändert.

Man achte auch auf die vielen giftigen chemischen Reinigungsmittel, die durch industrielle Flüssigkeitsanlagen gejagt werden, um sie keimarm zu halten, und die keineswegs alle rückstandsfrei ausgespült werden.

Das Gift wird dort nur bis zur angenommenen Belanglosigkeit (sog. Nachweisgrenze) verdünnt.

Der Gesetzgeber war der Meinung, was der Verbraucher nicht weiß, macht ihn nicht heiß.

Was man ihm jedoch wissentlich an Information vorenthält, macht ihn um so kritischer. Die Vielzahl der eingesetzten und verschwiegenen "Hilfsstoffe" übersteigt zudem die Anzahl der deklarierten Zutaten oftmals beträchtlich.