Verteidigerin Babett Peter zur Frauen-WM: „Wir leben in dieser Welle mittendrin“

Babett Peter ist die Überraschung bei den Deutschen. Ein Gespräch über ihre neue Rolle innerhalb der Mannschaft, das Team, den Hype und die Viertelfinalgegnerinnen aus Japan.

„Ich freue mich, wenn ich mich nach vorne mit einschalten kann“: Babett Peter (r.) im Zweikampf mit Frankreichs Eugenie Le Sommer Bild: dapd

taz: Frau Peter, Sie spielen bislang ein herausragendes Turnier. Die großen Geschichten der WM werden aber über Celia Okoyino da Mbabi, Inka Grings und Fatmire Bajramaj geschrieben. Empfinden Sie das als ungerecht?

Babett Peter: Nein, aber danke für das Kompliment. Das ist eben das Leid einer Abwehrspielerin. Ich finde das nicht so tragisch. Ich kann ganz gut damit leben.

Sie sind mit Nadine Angerer, Kerstin Garefrekes und Saskia Bartusiak die Einzige im Team, die nie ausgewechselt wurde. Wie fühlt sich die Rolle als unverzichtbare Größe an?

1988 in Oschatz geboren, spielt seit 2006 in der Nationalmannschaft und bei Turbine Potsdam in der Verteidigung.

Die Sportsoldatin der Bundeswehr trainiert hart an ihrem Körper, weshalb sie ihre Mannschaftskameradinnen "Hulk" getauft haben. Weitere Informationen unter www.babett-peter.de

Das ist natürlich ein großer Vertrauensbeweis von der Bundestrainerin und ein schönes Gefühl.

Haben Sie schon eine persönliche Kritik von Silvia Neid zu ihren Vorstellungen erhalten?

So direkt nicht. Wir werten die Spiele allgemein aus. Eine individuelle Einzelkritik hat es noch nicht gegeben.

Insbesondere das Flankenschlagen klappt ja bei Ihnen hervorragend. Sie haben bereits zwei Treffer vorbereitet.

Ich freue mich, wenn ich mich nach vorne mit einschalten kann. Da kann ich mich richtig auspowern. Und wenn dann so etwas Positives dabei rauskommt, ist es um so schöner.

Bei der WM 2007 in China saßen sie noch komplett auf der Bank.

Da war ich erst 17 Jahre und es war eine Riesenerfahrung. Ich musste erst einmal damit umgehen, ein ganzes Turnier auf der Bank zu sitzen. Einfach war das nicht. Aber dank dieser Erfahrung kann ich Spielerinnen, die nicht oft zum Einsatz kommen, ein bisschen Hilfestellung geben.

Sie sprechen des Öfteren von ihren unterschiedlichen Gesichtern. Auf dem Spielfeld eher aggressiv, außerhalb eher zurückhalten.

Auf dem Platz bin ich wirklich ein ganz anderer Mensch. Das hat man gegen Frankreich gesehen. Da wurde ich auch von der Mannschaft aufgezogen, dass ich mich mit der einen Spielerin etwas angelegt habe. Der Sport verlangt das. Es ist nicht so, dass ich mir da blöd vorkomme oder mich in meinem Privatleben verstelle.

Gegen Frankreich war allgemein auch auffällig, dass das deutsche Team insgesamt so viel befreiter spielte. Weil sie wussten, dass sie schon fürs Viertelfinale qualifiziert waren?

Ich weiß nicht, was den Ausschlag gab. Ob es der geringere Druck war. Andererseits: Wir wollten unbedingt Gruppenerster werden. Insofern war ja auch ein gewisser Druck da. Ich kann es gar nicht so genau erklären.

Nach den ersten beiden Spielen ist in den Medien doch auch viel Kritik laut geworden. Zuvor war man eher eine wohlwollende Berichterstattung im Frauenfußball gewöhnt. Hat Sie die massive Kritik überrascht?

Das war schon eine neue Situation für uns. Gut, es wurde gesagt: Wir spielen schlecht. Und es wurde immer auf Birgit Prinz rumgehackt. Im Männerfußball hätte es gleich geheißen: die Lucky Loser. Von daher können wir noch zufrieden sein. Mit Kritik müssen wir auch zurechtkommen.

Lesen Sie das alles oder halten Sie das fern von sich?

Das kommt auf meine Stimmung an, das ist von meiner Tagesform abhängig. Ich bin ein kleiner Morgenmuffel. Wenn ich die Zeitung aufschlage und sehe was Negatives, dann lege ich sie meistens wieder weg.

Sie haben Birgit Prinz angesprochen. Haben Sie ihren Auftritt bei der Pressekonferenz gesehen?

Ja. Das haben, glaube ich, einige von uns gesehen.

Warum?

Einfach weil wir alle stark mit ihr mitfühlen konnten. Wir haben ihr die Daumen gedrückt, dass sie das gut über die Bühne bringt. Und sie hat das souverän, wirklich super gemacht. Nicht nur deswegen schätzen wir Birgit. Sie ist professionell, intelligent und hat Persönlichkeit. Wir haben uns alle sehr gefreut.

Wird die Rolle der Spielführerin in der öffentlichen Debatte vielleicht auch etwas überschätzt?

Ich sehe das schon so, dass die Spielführerin so eine Art Leitwolf ist. Wenn Birgit nicht spielt, ist sie das aber immer noch. Das merkt man auch in ganz vielen Dingen abseits des Platzes.

Die Begeisterung um das deutsche Team ist immens. Können Sie schon einordnen, was da derzeit passiert?

Richtig realisieren wird man das erst hinterher. Jetzt leben wir in dieser Welle mittendrin. Eigentlich fokussiert man sich ja auf das Sportliche, nicht auf das, was drumherum passiert. Das kann man gar nicht so richtig mitnehmen. Es ist aber schon Wahnsinn. Wir steigen in Wolfsburg aus, und Hunderte warten da auf uns und jubeln uns zu.

Fühlen Sie sich derzeit berühmt?

Irgendwie schon ein bisschen. Wenn man hier shoppen geht und ständig angesprochen wird, das ist schon eine neue Situation.

Ist das angenehm? Unangenehm?

Mittel. Wenn man seine Stunden für sich braucht und dann nicht die gewünschte Ruhe findet, kann das schon auch ein bisschen anstrengend sein. Aber das gehört einfach dazu. Wir wollten das so. Dann können wir uns jetzt auch nicht beschweren.

Der japanische Trainer hat auf die körperliche Unterlegenheit seines Teams hingewiesen. Wird die Verteidigungsarbeit am Samstag im Viertelfinale einfacher?

Yuki Nagasato kenne ich ja aus dem Verein, weil wir beide bei Turbine spielen. Und ich würde nicht sagen, dass sie mir gegenüber körperliche Nachteile hätte. Die kann ewig laufen. Die werden schon auch robust in die Zweikämpfe gehen. Das ist wohl ein bisschen Taktik vom japanischen Trainer, der sein Team als Außenseiter darstellen möchte.

Wenn es ganz dumm läuft, könnte das Turnier für das deutsche Team am Samstag schon beendet sein. Lassen Sie diesen Gedanken zu?

Dieser Gedanke ist mir letztens durch den Kopf gegangen. Man sagt immer, jetzt sind es noch acht Tage. Aber das ist ja nur der Optimalfall. Ich lasse es nicht ganz so an mich ran, weil ich absolut am Samstag gegen Japan gewinnen möchte. Von daher ist das ganz weit weg. Ich hoffe nicht, dass ich dann in die Realität gerissen werde. Das wäre schon hart.

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