Vietnamesische Bloggerin: Die kämpfende „Mutter Pilz“

Bei Mother Mushroom hat der Wunsch, dass ihre Kinder es einmal besser haben sollen, eine politische Dimension. Sie wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Eine Frau schräg von der Seite fotografiert

Nguyen Ngoc Nhu Quynh alias Mother Mushroom Foto: ap

Ihr Name Nguyen Ngoc Nhu Quynh ist nicht nur für Nicht-Vietnamesen ein Zungenbrecher. Als die heute 38-jährige Bloggerin sich zunächst in Onlineforen von Müttern zu Erziehungsfragen zu äußern begann, nannte sie sich der Einfachheit halber nur „Me Nam“ – Mutter Pilz. So lautet der Spitzname ihrer Tochter. Inzwischen ist Mother Mushroom, die englische Version ihres Pseudonyms, wegen ihrer offenen Kritik bis in Vietnams Regierung gefürchtet.

Die gegen Korruption, Machtmissbrauch und Umweltzerstörung kämpfende Mutter, die sich mit den Verhältnissen in ihrer autoritär regierten Heimat nicht einfach abfinden will, ist heute eine der bekanntesten Dissidentinnen des Landes. Sie hatte das Netzwerk vietnamesischer Blogger mit gegründet.

Am 10. Oktober 2016 wurde sie verhaftet, als sie einen Aktivisten im Gefängnis der Zentralprovinz Khan Hoa besuchen wollte. Am Donnerstag wurde sie dort wegen „staatsfeindlicher Propaganda“ zu zehn Jahren Haft verurteilt, teilte das Netzwerk vietnamesischer Menschenrechtsverteidiger mit. Schon 2009 saß sie neun Tage in Haft. Damals bloggte sie über ein Bauxitprojekt, das auch in der alleinherrschenden KP umstritten war. Sie wurde nach ein paar Tagen freigelassen gegen das Versprechen, nicht mehr zu bloggen. Doch sie konnte nicht lange schweigen.

Mother Mushroom hatte nach eigenen Angaben 2006 mit dem Bloggen angefangen, als sie vor einem Provinzkrankenhaus auf verzweifelte Patien­ten stieß. Diese waren abgewiesen worden, weil sie die verlangten Schmiergelder nicht bezahlen konnten. Ihr Bloggen begründet die „Mutter Pilz“ mit der Zukunft ihrer eigenen Kinder: „Ich möchte nicht, dass meine Kinder um das Gleiche kämpfen und das Gleiche tun müssen wie ich.“

Den Wunsch, dass es die eigenen Kinder einmal besser haben sollen, ist wohl allen Eltern gemeinsam. Bei Mother Mushroom hat dies auch eine deutliche politische Dimension. Dabei macht sie eigentlich nur von ihren Grundrechten Gebrauch, die ihr offiziell auch in Vietnam zustehen. Sie wurde deshalb schon von mehreren internationalen Menschenrechtsorganisationen ausgezeichnet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.