Volksabstimmung in Kongo-Brazzaville: Verfassung durchgewunken

Beim Referendum über Präsident Sassous neue Verfassung blieben die Wahllokale leer. Die Regierung spricht vom Sieg bei hoher Beteiligung.

Wahllisten vor einem Wahllokal

Großer Andrang herrschte vor den Wahllokalen – mit ausgehängten Wählerlisten – in Brazzaville am Sonntag. Foto: Reuters

BERLIN taz | Das Referendum über eine neue Verfassung in Kongo-Brazzaville ist für die Regierung offenbar zum Reinfall geworden. Lediglich drei bis fünf Prozent der Wahlberechtigten nahmen am Sonntag an der Abstimmung teil, erklärten Oppositionelle.

Parteiführer Pascal Tsaty Mabiala forderte eine Annullierung der Abstimmung. „Die Beteiligung diskreditiert das Referendum total“, sagte er am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. „Entweder sie annullieren es, oder sie zwingen dem Volk eine Diktatur auf.“

Die Regierung sieht das anders. Den offiziellen Ergebnissen zufolge, die am Montag abend veröffentlichten und von Innenminister Zéphirin Mboulou im staatlichen Fernsehen bekanntgegeben wurden, ist die neue Verfassung mit 92,96% der Stimmen angenommen worden, bei einer Wahlbeteiligung von 72,44%. Damit hätten über zwei Dritten der registrierten Wähler für den neuen Text gestimmt.

„Der Entwurf der neuen Verfassung ist angenommen worden und wird im Augenblick seiner Unterzeichnung durch den Präsidenten der Republik in Kraft treten“, so der Minister.

Die neue Verfassung soll es möglich machen, dass Präsident Denis Sassou-Nguesso, der die „Republik Kongo“ seit 1979 mit kurzer Unterbrechung regiert, 2016 erneut zu Wahlen antritt. Das Verfassungsprojekt hat in den vergangenen Wochen die größten Proteste gegen Sassou-Nguesso seit fast zwanzig Jahren hervorgerufen.

Wahllokale ohne Wähler

Am Sonntag waren Straßen und Wahllokale weitgehend menschenleer geblieben. Journalisten in der Hauptstadt Brazzaville berichteten, sie hätten nur eine Schlange wartender Wähler ausfindig machen können – vor dem Wahllokal des Präsidenten, und das auch nur, als er selbst auftauchte.

Ein Reporter vermeldete nach einem halben Tag in einem Wahllokal genau einen einzigen Wähler; ein anderer in Pointe-Noire zählte bei Schließung seines Wahllokals rund 40 abgegebene Stimmzettel. Durchschnittlich diente ein Wahllokal 800 Stimmberechtigten.

Nicht einmal in Präsident Sassou-Nguessos Heimstadt Ouesso im Norden des Landes wurde eine nennenswerte Beteiligung gemessen. Andrang gab es nur dort, wo Soldaten und Polizisten zur Stimmabgabe abkommandiert waren.

„Wir akzeptieren das nicht“

„Die Menschen haben auf uns gehört und sind zu Hause geblieben“, sagte der oppositionelle Parteiführer Guy Kinfoussia Romain. „Wir akzeptieren keine veränderte Verfassung auf der Grundlage von bloß drei Prozent der Wähler.“

Staatschef Sassou-Nguesso erklärte das Referendum aber schon am Sonntag zum Erfolg. Bei seiner Stimmabgabe sagte er: „Meine Seite wird gewinnen, weil ich weiß, dass mein Volk den Frieden liebt.“ Solche Aussagen bestätigen Oppositionelle in ihrem Verdacht, dass Sassou-Nguesso nicht kampflos abtreten würde.

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