Volksbegehren gegen Pflegenotstand: Gestoppt vom Verfassungsgericht

Das Hamburger Verfassungsgericht erklärt das Hamburger Volksbegehren gegen den Pflegenotstand für unzulässig.

Eine Bewohnerin eines Seniorenzentrums hält sich in ihrem Bett an einem Haltegriff fest, im Hintergrund steht ihre Pflegekraft.

Wie die Pflege quantitativ aufgestellt ist darf Hamburg nicht für sich entscheiden Foto: dpa

HAMBURG taz | Das Hamburger „Volksbegehren gegen den Pflegenotstand“ ist unzulässig und darf nicht durchgeführt werden. Das hat am Dienstag das Hamburgische Verfassungsgericht entschieden. Gründe sind die mehrfache Überarbeitung des Wortlauts des Begehrens, ein Verstoß gegen das Koppelungsverbot und die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Landes Hamburg. Damit entsprachen die neun VerfassungsrichterInnen einstimmig dem Antrag des rot-grünen Senats. Der hatte wegen verfassungsrechtlicher Bedenken das höchste Gericht der Hansestadt angerufen.

Die Volksinitiative „Gegen den Pflegenotstand“ hatte im März 2018 eine ausreichende Zahl von Unterschriften gesammelt. Die Hamburgische Bürgerschaft übernahm die Vorlage jedoch nicht als Gesetz, deshalb beantragte die Ini ein Volksbegehren. Ihr Antrag wurde jedoch zwei Mal überarbeitet, auch nachdem der Senat bereits im November das Verfassungsgericht angerufen hatte. „Das ist unzulässig“, urteilte das Gericht.

Zudem vermische der Text des Begehrens zwei Punkte, die keinen inhaltlichen Zusammenhang hätten: Regeln über Reinigungspersonal und Reinigungsstandards sowie Personaluntergrenzen bei Pflegekräften. Diese „Koppelung“ ist ebenfalls unzulässig. Das Volk müsse die Möglichkeit haben, das eine anzunehmen und das andere abzulehnen. Nur über „alles oder nichts“ abstimmen zu dürfen, verstoße gegen das „Demokratieprinzip“.

Und drittens habe in diesen Fragen der Bund die Gesetzgebungskompetenz und diese auch ausgeübt. Ländern sei es aber nicht gestattet, so das Gericht, Bundesrecht „nachzubessern“, das ihnen nicht gefalle. Diese Entscheidung sei „keine inhaltliche Bewertung“ des Anliegens der Initiative, betonte Gerichtspräsident Friedrich-Joachim Mehmel: „Es ist eine rein verfassungsrechtliche Prüfung.“

Kirsten Rautenstrauch, Pflege-Initiative

„Der Personalmangel in den Kliniken und seine Folgen bleiben traurige Realität und gefährlich für Patienten wie Beschäftigte“

„Vollumfänglich bestätigt“ sieht sich Jan Pörksen, Chef der Senatskanzlei. „Nicht alles, was wünschenswert sein mag, kann auch Gegenstand eines Volksbegehrens sein.“ Von einer „schockierenden Kaltherzigkeit des Gerichts“ sprach hingegen Kirsten Rautenstrauch von der Pflege-Initiative: „Der Personalmangel in den Kliniken und seine Folgen bleiben traurige Realität und gefährlich für Patienten wie Beschäftigte“, kommentierte sie.

Die Personalprobleme in den Kliniken seien „Ausdruck in­stitutionellen Versagens“ und müssten gelöst werden, forderte auch Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.