Vollversammlung der UN: Palästina wird Beobachterstaat

Die USA, Israel, Deutschland und Großbritannien sind isoliert. Die Mehrheit der 193 UN-Staaten wird für den Antrag der Palästinenser stimmen.

Abbas im September vor der UN-Vollversammlung. Bild: dapd

JERUSALEM taz | Die Palästinenser rechnen fest mit einer Mehrheit bei der UN-Abstimmung über eine Statusaufwertung. Rund zwei Drittel der insgesamt 193 Staaten könnten am Donnerstag in New York dafür stimmen, die Palästinenser vom „nichtstaatlichen Mitglied“ zum „Beobachterstaat“ aufwerten zu lassend. Seit sich abzeichnet, dass Israel den Kampf verloren hat, versucht das Außenamt in Jerusalem, die Wichtigkeit der UN-Entscheidung herunterzuspielen.

Über Monate lancierten beide Seiten intensive internationale Kampagnen. Den Sieg schon fest in der Tasche, bekam die PLO nach der israelischen Offensive im Gazastreifen zusätzlichen Aufwind. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist im innenpolitischen Wettlauf mit der Hamas dabei dringend auf einen Erfolg angewiesen. Israel hat nach dem Luftkrieg gegen Gaza die internationale Geduld ausgereizt.

Erst am Mittwoch kündigte Frankreich an, den PLO-Antrag zu unterstützen. Die Schweiz, Dänemark, Portugal und Spanien wollen ebenfalls für die Palästinenser stimmen. Deutschland und Großbritannien werden dagegen definitiv nicht zustimmen, Außenminister Westerwelle kündigte eine Enthaltung Deutschlands an. Europa spielt neben den USA eine wichtige Rolle im Friedensprozess, von Finanzhilfen für die Autonomiebehörde bis hin zu Initiativen im Rahmen des Nahost-Quartetts. Die von Großbritannien gestellte Bedingung, die PLO solle sich verpflichten, nicht vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu ziehen, lehnen die Palästinenser ab.

Der frühere israelische Ministerpräsident Ehud Olmert unterstützt die Forderung der Palästinenser nach Anerkennung ihrer Staatlichkeit durch die Vereinten Nationen. „Ich glaube, dass der palästinensische UN-Antrag im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien der Zwei-Staaten-Lösung steht“, sagte der einflussreiche Oppositionspolitiker der US-Zeitschrift The Daily Beast.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will am Donnerstag gegen den Widerstand Israels und der USA die UN-Vollversammlung in New York um die Aufwertung zu einem Beobachterstaat ähnlich der Stellung des Vatikans bitten. Eine Mehrheit scheint sicher. Die USA haben Widerstand angekündigt. Deutschland will sich enthalten. (dpa/taz)

Vor einem Jahr beantragte die PLO die volle UN-Mitgliedschaft. Die USA hatten für die nötige Abstimmung des Sicherheitsrats ihr Veto angekündigt, der Plan wurde auf Eis gelegt. Trotz des Vetos hat die US-Regierung Israel davor gewarnt, Strafmaßnahmen gegen die Palästinenser zu ergreifen. Außenminister Avigdor Lieberman hatte den PLO-Antrag sogar als „politischen Terror“ bezeichnet und das Ende der Osloer Abkommen angekündigt. Auch Finanzminister Juval Steinitz sprach von einer „aggressiven und einseitigen politisch-strategischen Bedrohung“, die er mit der Einstellung der monatlichen Steuer- und Zollüberweisungen bestrafen wolle.

„Das sind alles leere Drohungen“, glaubt Dr. Mohammed Stayyeh, enger Berater von Palästinenserpräsident Abbas. „Israel hat ein Interesse an der Stabilität der Autonomiebehörde.“ Völlig unverständlich sei, dass überhaupt von Strafen geredet werde. „Das UN-Votum ist keine Kriegserklärung und kein Terror, es soll im Gegenteil die Zwei-Staaten-Lösung retten.“

Seit gut vier Jahren liegt der Friedensprozess auf Eis. Beide Seiten signalisierten Verhandlungsbereitschaft, allerdings fordern die Palästinenser einen Baustopp in den Siedlungen. „Jahre sind vergeudet worden“, sagt Stayyeh, „in denen die israelische Besiedlung vorangetrieben wurde.“ Mit dem Siedlungsbau werde eine „geografische Realität geschaffen, die die Zwei-Staaten-Lösung auf kurz oder lang zur Utopie macht“. Israel selbst sei aufgrund einer UN-Resolution am 29. November 1947 gegründet worden, erinnert Stayyeh. Heute sei das Datum der „Internationale Tag der Solidarität mit Palästina“.

Israel fürchtet sich vor allem davor, vor den Internationalen Gerichtshof zitiert zu werden. „Anstatt, dass wir uns näherkommen, werden sich beide Seiten weiter voneinander entfernen“, sagt Ilana Stein, stellvertretende Regierungssprecherin in Jerusalem. Auch wenn sich Israel rechtlich nichts vorzuwerfen habe, so werde „allein die Tatsache, dass ein Prozess stattfindet, Konsequenzen für die öffentliche israelische Meinung haben“.

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