Vom IS belagertes Flüchtlingscamp: Damaskus erwägt offenbar Angriff

Der IS nahm nach Kämpfen Teile des Flüchtlingslagers Jarmuk ein. Syriens Regierung berät derweil über einen Militäreinsatz. Das Rote Kreuz fordert Zugang.

Bewohner des Flüchtlingscamps warten auf humanitäre Hilfe, hier im März 2015. Bild: reuters

DAMASKUS/GENF/MOSKAU afp/rtr | Die syrische Regierung bereitet sich offenbar auf einen Militäreinsatz im umkämpften Flüchtlingslager Jarmuk vor. Das Ziel sei, Bewaffnete und „Terroristen“ aus dem Camp zu „vertreiben“, sagte der syrische Minister für nationale Versöhnung, Ali Haidar, nach einem Treffen mit einem Vertreter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) am Mittwoch.

„Unter den jetzigen Umständen ist eine militärische Lösung nötig“, fügte er hinzu. Wann der Militäreinsatz beginnen könnte, sagte er nicht. Er deutete aber an, dass syrische Regierungstruppen daran beteiligt sein könnten.

Das Internationale Rote Kreuz forterte einen sofortigen Zugang zu dem Flüchtlingslager, um die dort eingeschlossenen Menschen versorgen zu können. Ihre Organisation appelliere an alle Kampfbeteiligten, den Zugang für humanitäre Hilfe zu ermöglichen, sagte die Leiterin der Syrien-Delegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuzes (IKRK), Marianne Gasser, am Donnerstag.

Es fehlten vor allem Wasser und dringend benötigte Notfallmedikamente. Die Menschen litten zudem unter ständigem Nahrungsmangel. Auch müsse es Zivilisten ermöglicht werden, das Lager zu verlassen, um in sicherere Gegenden zu ziehen. Das Rote Kreuz hat nach eigenen Angaben seit Oktober vergangenen Jahres keinen Zugang mehr zu Jarmuk.

Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatten das Flüchtlingslager in der vergangenen Woche angegriffen. Die Dschihadisten nahmen den Großteil des Viertels im Süden der syrischen Hauptstadt Damaskus ein, das aus einem palästinensischen Flüchtlingslager hervorgegangen ist. In dem Stadtteil lebten zuletzt noch rund 18.000 der einst 160.000 Menschen. Die PLO hatte in den vergangenen Tagen die Flucht von 2000 Menschen organisieren können. Seit dem Beginn der Kämpfe mit den Dschihadisten gelangten aber keinerlei Hilfslieferungen mehr in das Viertel.

Um politische Verhandlungen bemüht zeigten sich Vertreter der syrischen Regierung und der von ihr geduldeten Opposition haben am Mittwoch in Moskau. Erstmals seit dem Start neuer Verhandlungen vor einigen Tagen haben sie direkte Gespräche geführt. Syriens Botschafter in Russland, Riad Haddad, sagte der Nachrichtenagentur Interfax, das Treffen sei „ergebnisreich“ gewesen. Die Gespräche würden am Donnerstag fortgesetzt. Die vom Westen unterstützte Exil-Opposition, die sich als politischer Arm der bewaffneten Aufständischen versteht, boykottiert die Gespräche in Moskau.

Unterdessen hat sich Kanada erstmals auch in Syrien an einem Luftangriff gegen die radikale Miliz Islamischer Staat (IS) beteiligt. Zwei Kampfjets vom Typ CF-18 hätten mit mehreren Flugzeugen der internationalen Militärallianz eine Garnison der Islamisten in der Nähe der Stadt Ar-Rakka angegriffen, teilte das kanadische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Bislang beteiligte sich Kanada nur an Einsätzen des von den USA angeführten Bündnisses gegen den IS im Irak.

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