Von North Face bis Adidas: Outdoor-Kleidung wieder vergiftet

Wetterfeste Kleidung von 17 Produzenten enthält hohe Konzentrationen von Schadstoffen. Chemie sei schwer ersetzbar, meinen die Hersteller.

Die Aussicht ist großartig. Doch was ist mit der Qualität der Jacke? Bild: ap

BERLIN taz | „Der Berg ruft“ auf der Website von The North Face. Raus in die Berge ist auf jeden Fall besser als rein in einen Laden, der Jacken des Outdoorherstellers verkauft, denn dort herrscht womöglich dicke Luft: Die Stoffe dünsten giftige Chemikalien aus.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat wieder einmal Textilien von Outdoor-Herstellern getestet. Ergebnis erneut: Proben aller 17 Produzenten enthielten sogenannte per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC), etwa Perfluoroktansäure (PFOA) und Fluortelomeralkohle (FTOH). „Kleidung von Patagonia, The North Face, Salewa und Adidas waren besonders belastet“, sagt Manfred Santen, Chemikalien-Experte von Greenpeace.

Aber auch Jacken oder Handschuhe von Schöffel, Jack Wolfskin und Mammut enthielten „bedenkliche Konzentrationen“ der Schadstoffe. Über Nahrung, Atemluft und Trinkwasser gelangten sie in den Körper des Menschen und gefährdeten seine Gesundheit.

Outdoorhersteller halten PFC nur für schwer ersetzbar. Sie machen ihre Klamotten wasserdicht, zudem lassen sie Fett und Schmutz abperlen. Bis heute seien sie „nahezu unerlässlich, um Wasser-, Öl- und Schmutzabweisung in verschiedensten Anwendungen zu gewährleisten“, teilt Jack Wolfskin aus dem hessischen Idstein mit. In der neuen Kollektion soll eine der getesteten Jacken PFOA-frei hergestellt werden, bei einem anderen Modell sei die Umstellung bereits geplant.

PFC reichern sich an

Der US-Hersteller The North Face mit seinen besonders belasteten Produkten hingegen orientiere sich eher an den Vorgaben der amerikanischen Umweltbehörde EPA, und die hatte bisher vor allem eine bestimmte, die Gruppe der „langkettigen PFC“ im Visier. Diese gilt als besonders giftig. „Hersteller aus den USA stellen ihre Produktion jetzt auf kurzkettige PFC um, die als weniger gefährlich gelten“, sagt Greenpeace-Mann Santen. Er hält davon gar nichts, schließlich reicherten sich auch diese Stoffe in der Umwelt an.

Perfluorierte Chemikalien entstammen der Fluorchemie, Umweltschützern sind sie seit Langem ein Dorn im Auge. „Viele dieser Stoffe sind sehr giftig und gefährden die Fortpflanzung“, sagt Christoph Schulte, beim Umweltbundesamt (UBA) zuständig für Chemikalien. Besonders problematisch sei, dass Mikroorganismen die Stoffe nicht abbauen könnten. „Wir finden sie überall auf der Welt, in Seen und Flüssen“, so Schulte. „Was PFC in sensiblen Regionen, etwa der Arktis, anrichten, wissen wir nicht.“ Auch vor den kürzerkettigen PFC warnt er: „Wir wenden sie noch nicht so lange an und haben kaum Erfahrungen damit.“

Die Europäische Chemikalienagentur Echa hat bestimmte PFC inzwischen auf ihre Kandidatenliste gesetzt, das heißt, sie unterliegen einer besonderen Aufsicht. So müssen Hersteller ihren Kunden darüber Auskunft geben, ob sie PFOA in ihren Produkten verwenden. Das UBA plant zudem zu beantragen, die Verwendung des Stoffs in der EU ganz zu verbieten. 2015 könnte das so weit sein.

Bis dahin können Kunden sich auf der UBA-Website reach-info.de vorformulierte Anträge herunterladen, mit denen sie die Hersteller befragen können. UBA und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) arbeiten zudem parallel an einer App, mit der Kunden direkt im Laden ermitteln können, ob eine Jacke oder Mütze giftige Chemikalien enthält. „Der Druck der Käufer sorgt dafür, dass die Hersteller sich bewegen“, sagt Schulte.

Manfred Santen ist skeptischer: Vor zwei Jahren hätten sich 17 große Textilmarken verpflichtet, im Jahr 2020 auf gefährliche Chemikalien zu verzichten. „Um diesen Zeitplan einzuhalten, müssen sie sich sehr anstrengen“, sagt er, „bislang hat sich wenig getan“.

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