Von der Politik in die Wirtschaft: Weiche Landung für Ex-Kommissare

Was machen ehemalige Politiker aus der Brüsseler Arena? Die Drehtür in die Wirtschaft bewegt sich schnell. Wer alles dabei ist.

José Manuel Barroso

Weiß, wie es geht: Ex-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat immerhin 22 neue Positionen inne Foto: JJ Guillen/dpa

BRÜSSEL taz | Der Fall von Viviane Reding war kein Ausrutscher. Vor einem Jahr hatte die taz darüber berichtet, dass die frühere EU-Justizkommissarin einflussreiche Jobs bei der Bertelsmann-Stiftung und beim Rohstoffkonzerns Nyrstar angenommen hatte. Nun kommt heraus: Die Drehtür zur Wirtschaft dreht sich auch bei anderen ehemaligen Kommissaren.

9 der 26 vor einem Jahr ausgeschiedenen EU-Kommissare sind in problematische Wirtschaftspositionen gewechselt, kritisieren die Autoren einer Studie von LobbyControl und Corporate Europe Observatory (CEO). Dabei habe sich die Brüsseler Behörde über die eigenen, angeblich vorbildlichen Verhaltensregeln hinweggesetzt.

„Unsere Recherchen zu ehemaligen Mitgliedern der Barroso-Kommission zeigen, dass die Regeln für Seitenwechsel von der EU-Kommission in die Wirtschaft unzureichend sind und kaum durchgesetzt werden“, sagt Nina Katzemich von Lobbycontrol.

Prominenz hilft, einen guten Job zu finden

Vor allem prominente Expolitiker sind weich gelandet. So nahm die ehemalige Digitalkommissarin Neelie Kroes einen Beraterjob bei der Bank of America Merrill Lynch an. Der frühere Handelskommissar Karel De Gucht ist für einen Sitz im Vorstand des belgischen Telekomkonzerns Belgacom/Proximus vorgesehen. Besonders eklatant ist der Fall des ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso. Der Portugiese hat nach Angaben der Lobbywächter mittlerweile nicht weniger als 22 neue Positionen inne.

Auch der frühere Verkehrskommissar Siim Kallas lässt seine Kontakte spielen. Der Este nahm zum einen eine Beratertätigkeit für den estnischen Softwarekonzern Nortal auf, der vor allem im baltischen und osteuropäischen Raum tätig ist. Gleichzeitig fungiert Kallas nun als Sonderberater des amtierenden EU-Währungskommissars Valdis Dombrovskis, wobei es auch um die Wirtschaft im Baltikum geht. Die beiden neuen Posten könnten einen Interessenkonflikt heraufbeschwören. Doch dies sei auch von der neuen EU-Kommission nicht untersucht worden, so die Kritiker.

Dabei hatte die EU nach dem Fall Bangemann Besserung gelobt. Der deutsche Politiker war 1999 direkt aus Brüssel zum spanischen Telefónica-Konzern gewechselt. Die EU-Kommission reagierte auf diesen Skandal mit einem Verhaltenskodex – doch viel geändert hat sich nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.