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Vor dem EM-Finale Spanien – EnglandMit Schwung von der Bank

Während die Spanierinnen ihren Ballbesitzfußball zelebrieren, hat England noch nicht glänzen können. Warum sich das im Endspiel ändern könnte.

So freut sich England. Chloe Kelly nach ihrem Siegtor nebst Kollegin Ella Toone gegen Italien Foto: Martin Meissner/ap

Berlin taz | Schon wieder also treffen England und Spanien in einem großen Finale aufeinander. Bei der WM 2023 in Australien hatte Spanien die ganze Welt an die Wand gespielt und auch England konnte im Endspiel nicht wirklich mithalten. 1:0 ist die Partie in Sydney damals ausgegangen. Die haben mit ihrem 1:0 im Februar in der Nations League gezeigt, dass es durchaus möglich ist, Spanien zu besiegen.

Das Rückspiel ging dann wieder mit 1:2 verloren. Und auch wenn auf ein paar Positionen ein Generationswechsel vollzogen wurde, standen bei England im Halbfinale gegen Italien noch sieben von elf Spielerinnen auf dem Platz, die 2023 im WM-Finale gestartet sind. Auch bei Spanien gibt es viel Kontinuität. Stürmerin Esther González allerdings war 2023 nicht dabei.

Sie hat das Team erheblich stärker gemacht. Und dass mit Superstar Aitana Bonmatí und Alexia Putellas nun zwei der kreativsten Fußballerinnen zusammen auf dem Platz stehen, dürfte den Engländerinnen ebenso Sorgen machen wie die gespenstische Spielstärke von Strategin Patri Guijarro. Sie war bei der WM 2023 nicht dabei. Da kann England nicht mithalten: 1:0 Spanien.

Ballbesitz und Umschaltspiel

637 Pässe haben die Spanierinnen im Spiel gegen die Deutschen an die Frau gebracht. Trotz des immensen Drucks aus der deutschen Defensive haben die Spanierinnen 88 Prozent ihrer Zuspiele genau dahin gebracht, wohin sie sollten. Das Ballbesitzspiel, bei dem die Spanierinnen versuchen, immer zwei Spielerinnen in die Nähe der Ballführenden zu bringen, hat eine bewundernswerte Präzision. Das Spiel vor allem über die linke Seite von Clàudia Pina hat dem engen Kombinieren um den Strafraum herum eine neue Dimension hinzugefügt.

Den Engländerinnen ist es wahrscheinlich dennoch ganz recht, wenn sie das Spiel nicht machen müssen. Dass sie sich damit schwertun, ein gepflegtes Dominanzspiel aufzuziehen, hat man im Halbfinale gesehen. Nach Ball­eroberungen schnell in den Gegenangriff überzugehen, kommt vor allem Lauren James zugute, die Schwung für ihr kraftvolles Spiel braucht. Auch Stürmerin Alessia Russo ist am besten, wenn sie aus dem Laufen heraus agieren kann. Gerade das spanische Dominanzspiel könnte den Engländerinnen also sogar entgegenkommen. Punkt für England: 1:1.

Löchrige Abwehrreihen

Die Defensive ist bei beiden Teams nicht unbedingt das Prunkstück. Englands Trainerin Sarina Wiegman hat hier während des Turniers umgestellt, obwohl das nun wahrlich nicht ihre Art ist. Die unglückliche Jessica Carter musste draußen bleiben und wurde durch Esme Morgan ersetzt. Beim einzigen schönen Spielzug des Halbfinals, der zum Führungstreffer für Italien geführt hat, war die neu formierte Abwehr mit einem Doppelpass leicht ausgespielt.

Auch die Spanierinnen, die bei Ballbesitz sehr hoch stehen, sind bei schnellen Gegenstößen anfällig. In der Gruppenphase haben die nicht gerade als hochbegabt verschrienen Belgierinnen gezeigt, wie man mit einem weiten Pass die Abwehr um die nicht allzu flinke Kapitänin Irene Paredes überspielen kann. Und weil auch Olga Carmona eher im Spiel nach vorne als in der Abwehrarbeit zu überzeugen weiß, könnten sich doch Lücken für die Engländerinnen auftun. Zwischenstand: 2:1 England.

Impulse von außen

Am Ende könnte es sein, dass das Finale von eingewechselten Spielerinnen entschieden wird. In England werden gerade die „Super Subs“, die Wiegman zur Verfügung hat, gefeiert. Die Vorfreude auf die Einwechslung der hochbegabten Chloe Kelly gehörte bis jetzt zu jedem Spiel der Engländerinnen. Im Spiel gegen Italien hat sie die Impulse gesetzt, die dann die 19-jährige Turnierentdeckung Michelle Agyemang zu ihrem späten Ausgleich nutzen konnte. Dann hat sie auch noch das Siegtor geschossen. Kein Wunder, dass die englische Presse aus dem Häuschen ist.

Können die Spanierinnen da mithalten? Wenn Athenea del Castillo ins Spiel kommt, wird es auf der rechten Angriffsseite richtig gefährlich. Und Barcelonas Schnellstürmerin Salma Paralluelo, die immer kommt, wenn die Gegnerinnen müde werden, ist nur schwer zu halten. Sie braucht vielleicht manchmal arg viel Chancen für ein Tor. Dass jede Spanierin, die bis jetzt gespielt hat, gut mit dem Ball umgehen kann, war offensichtlich. Das spanische Spiel lief nach jedem Wechsel weiter wie gewohnt. Englands Einwechslungen bringen dagegen Veränderungen ins Positive.

Am Ende ist die Prognose eindeutig: 3:1 für England.

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