Vor dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau: Obama vs. Schreiadler

Sieben Regierungschefs, 19.000 Polizisten und verwirrte Kühe: Der G7-Gipfel versetzt ein beschauliches Örtchen in den Ausnahmezustand.

Schloss Elmau unter polizeilicher Aufsicht Bild: dpa

BERLIN taz | Schloss Elmau im oberbayerischen Wettersteingebirge ist ein beschaulicher Ort. Wer in dem denkmalgeschützten Hotel übernachtet, blickt auf Almwiesen und Kühe, auf dunkle Wälder und ein beeindruckendes Bergpanorama. Am 7. und 8. Juni treffen sich hier auf dem G7-Gipfel Angela Merkel, Barack Obama und weitere Staatschefs wichtiger Industriestaaten der westlichen Welt. Die Vorbereitungen versetzen die Alpenidylle seit Wochen in einen Ausnahmezustand.

Umbauten: Die ganze Region wird mit immensem Aufwand aufgehübscht oder hässlicher gemacht, je nach Standpunkt. Wege und Straßen werden neu betoniert, Bahnsteige im nahe gelegenen Städtchen Klais erneuert, Brücken repariert oder gleich ganz neu gebaut. Ein kilometerlanger Zaun, der sich an Berghängen entlangzieht, soll Demonstranten fernhalten.

Mitten in ein Naturschutzgebiet wurde laut Grünen ein großer Hubschrauberlandeplatz gebaut. Dort, wo sonst der Schreiadler kreist, soll in knapp drei Wochen US-Präsident Obama landen – in seiner Regierungsmaschine, Funkrufname: Marine One. Naturschützer protestieren bereits gegen die brutalen Eingriffe. Die Grüne Claudia Roth sagt: „Der Naturschutz wird mit Füßen getreten.“

Tagesordnung: Wie bei jedem Gipfeltreffen der Mächtigen gibt es ein offizielles Programm, neben dem aber auch andere Themen verhandelt werden. Merkel lädt erstmals seit Heiligendamm 2007 wieder zu einem Gipfel in Deutschland ein. Sie will mit den Staatschefs über Klimaschutz sprechen, um die Weltklimakonferenz in Paris am Jahresende vorzubereiten. Auch Gesundheit steht auf der Agenda. Die RegierungschefInnen diskutieren, wie sich Epidemien wie Ebola in Zukunft effektiver bekämpfen lassen. Weltweite Frauenrechte und ein besserer Dialog mit Afrika stehen ebenfalls auf der Tagesordnung.

Inoffiziell, aber wichtig: Wichtiger als diese Tagesordnung wird all das sein, was im Moment die Weltlage bestimmt. So werden mit Sicherheit der Krieg in der Ukraine und der Konflikt mit Russland eine Rolle spielen. Merkel genießt international den Ruf, mit Russlands Präsident Wladimir Putin gut reden zu können. Amerikanische Spitzenpolitiker, aber auch europäische Regierungschefs erwarten von der Deutschen, die Krisenlösung voranzutreiben. Zum Beispiel steht die Frage im Raum, ob Russland irgendwann wieder an dem illustren G7-Kreis teilnehmen kann. Die G7-Chefs schlossen Putin im März 2014 nach der Annexion der Krim aus. Russlands Präsident war zuvor seit 1998 bei den Treffen immer mit dabei gewesen.

Ein zweites Thema ist für Merkel selbst brisant. Sie wird nicht darum herumkommen, mit Obama die jüngsten Auswüchse der Geheimdienstaffäre zu besprechen. Die Deutschen warten seit Wochen darauf, dass die USA eine Liste mit Suchbegriffen, den sogenannten Selektoren, freigeben. Der Bundesnachrichtendienst soll der amerikanischen NSA mit der Liste geholfen haben, europäische Politiker und Firmen auszuspähen. Gerade in der deutschen Öffentlichkeit sind die Erwartungen groß, dass die Kanzlerin konkrete Zusagen von Obama mitbringt.

Demonstrationen: G7-Gegner haben am und vor dem Gipfelwochenende im Juni mehrere Kundgebungen angemeldet, die räumlich weit auseinanderliegen. Eine Demonstration des Bündnisses „Stop G7“ findet am Samstag in Garmisch-Partenkirchen statt. Attac-Gruppen, Campact und andere Initiativen veranstalten am Donnerstag eine Großdemo in München. Dort diskutieren Umweltverbände, Gewerkschaften und andere Inis in den Tagen vorher über Freihandel, Klimaschutz und Wachstum – Motto: Gipfel der Alternativen.

Am Sonntag ist ein Sternmarsch geplant. G7-Gegner wollen von verschiedenen Orten rund um Schloss Elmau zum Hotel laufen. Ob sie das schaffen, ist allerdings mehr als fraglich – die Sicherheitsvorkehrungen sind immens. Mehr als 19.000 Polizisten werden das Gipfeltreffen bewachen, das Gelände ist abgeschottet. Die Sicherheitsbehörden fürchten gewalttätige G7-Gegner, nachdem es bei der Eröffnung der Europäischen Zentralbank im März in Frankfurt/Main zu schweren Ausschreitungen gekommen war.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.