Vor der Stichwahl in Mali: Die Opposition hat schon verloren

Kurz vor der Stichwahl um die Präsidentschaft in Mali findet nicht einmal mehr ein sichtbarer Wahlkampf statt. Die Wahlbeteiligung dürfte niedrig sein.

Mehrere Männer winken

Soumaila Cissé (in weiß links) mit Aliou Diallo (in weiß rechts), 7. August Foto: reuters

BAMAKO taz | Ab und zu sieht man sie auf den Straßen Bamakos doch noch: die Gesichter von Malis Präsident Ibrahim Boubacar Keïta (IBK), von Oppositionsführer Soumaïla Cissé und manchmal auch das von Aliou Diallo, der Generaldirektor des Bergbauunternehmens Wassoul’or, der eine eine Goldmine im Süden Malis betreibt.

Diallo wurde mit 8 Prozent der Stimmen in der ersten Runde von Malis Präsidentschaftswahl am 29. Juli auf Platz drei gewählt.

Doch Wahlkämpfer, vor allem die der Oppositionskoalition von Cissé, der am Sonntag gegen Amtsinhaber Keïta in der Stichwahl steht, ziehen in Malis Hauptstadt durch keine einzige Straße mehr. Niemand macht Musik, mobilisiert junge Wähler oder ruft zu Kundgebungen auf, die noch bis Freitagabend möglich wären.

Vor allem versucht niemand mehr, die Unentschlossenen zu überzeugen. Dabei gilt die Stichwahl um das höchste Staatsamt am Sonntag als richtungsweisend für Mali.

„Noch sehr weit entfernt“

Die Oppositionskoalition glaubt offensichtlich schon drei Tage vor der Wahl nicht mehr an einen Erfolg. Das wird am Donnerstagmittag deutlich, als Dial­lo vor die Mikrofone der Journalisten tritt. Er ist umringt von Dutzenden Anhängern. „Das Mali, das wir wollen, ist noch sehr weit von jenem entfernt, in dem wir gerade leben.“

Dann spricht Diallo schon jetzt von den Parlamentswahlen im November. Dort sei es nötig, eine Mehrheit zu gewinnen, um die Macht des Präsidenten zu kontrollieren, der am 4. September in sein Amt eingeführt wird.

Er nennt keinen Namen. Doch jedem ist klar, dass er nicht den Oppositionsführer Cissé meint.

Keine Wahlkampftouren mehr

In Cissés Wahlkampfbüro hieß es schon vor Tagen, dass der Oppositionsführer, der in der ersten Runde 17,78 Prozent der Stimmen holte, kein zweites Mal auf Wahlkampftour geht.

„Wir waren überall, in Kayes, Timbuktu, Kidal“, erklärt einer seiner Mitarbeiter, als seien erneute Reisen durch die Regionen überflüssig. Vor dem zweiten Wahlgang wolle man lieber in der Hauptstadt bleiben.

In Bamako ist Cissé tatsächlich regelmäßig zu sehen. Er gibt Pressekonferenzen und stand am Dienstagabend im Kulturpalast auf der Bühne. Gemeinsam mit 19 anderen Kandidaten wiederholte er seine Kritik, dass bei der ersten Wahlrunde am 29. Juli die „Diktatur der Wahlfälschung“ geherrscht hätte.

Der Saal war gut gefüllt, vor allem von Unterstützern der Oppositionskandidaten, die auch zu jeder Pressekonferenz ziehen. Es hagelte Kritik an der Regierung. Es gab aber keine Versuche, zu vermitteln, warum die Opposition tatsächlich die bessere Wahl für die Malier sein soll.

„Ich werde nicht wählen“

Das weiß auch Mamadou Cou­li­baly nicht. Der Taxifahrer ist in seinem knallgelben Mercedes auf den Straßen Bamakos unterwegs. Wenn die uralte Karre rumpelt, weil er wieder ein Schlagloch übersehen hat, flucht er, über den fürchterlichen Stau vor allem morgens und zur Feierabendzeit noch viel mehr.

Couilbaly hat sich angewöhnt, das Radio auszustellen, wenn über Politik gesprochen wird. „Sie reden und reden und ändern doch nichts“, ärgert er sich. Deswegen hat er sich erst gar nicht um seine Wählerkarte gekümmert. „Ich habe am 29. Juli nicht gewählt und werde es auch am Sonntag nicht tun“, sagt er.

Der Mann mit ausgeblichenen blauen T-Shirt gehört damit einer Mehrheit an. 57,3 Prozent der gut 8 Millionen Personen in Malis Wählerverzeichnis haben am 29. Juli nicht gewählt. Die Beteiligung könnte im zweiten Wahlgang noch niedriger ausfallen.

Dass bereits alles klar sei, suggerieren auch Zeitungsüberschriften. „88 Prozent für IBK“ prangte Mitte der Woche auf so mancher Titelseite. Was die Anhänger des Präsidenten freut, bestätigt Verschwörungstheoretiker, die sagen, die Wahl sei längst entschieden.

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