Vor der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: "Bewusst nicht festgelegt"

Die SPD wird sich ihren Partner nach der Landtagswahl wohl aussuchen können. SPD-Sozialministerin Schwesig aber findet sowohl die CDU als auch die Linke schwierig.

Ein rauher Wind weht im SPD-Wahlkampf von Manuela Schwesig eher nicht. Bild: dpa

taz: Frau Schwesig, Sie sind derzeit auf Wahlkampftour in Mecklenburg-Vorpommern. Was beschäftigt die Wählerinnen am meisten?

Manuela Schwesig: Ein wichtiges Thema sind die niedrigen Löhne. Viele fürchten, dass sie mit Niedriglöhnen in die Altersarmut stürzen. Das zeigt, dass die SPD mit der Forderung nach Mindestlöhnen richtig liegt.

Die Landesregierung kann aber keine Mindestlöhne festsetzen, sondern nur öffentliche Aufträge an Firmen vergeben, die Mindestlöhne zahlen.

Ja, genau das haben wir versucht, leider gebremst durch unseren Koalitionspartner CDU. Aber wir sagen nicht: Die Bundesregierung will keine Mindestlöhne, da haben wir eben Pech. Die SPD-geführte Landesregierung macht in Berlin Druck. Wir haben uns bei den Hartz-IV-Verhandlungen im Bund für Mindestlöhne engagiert. Das haben die Leute wahrgenommen.

Die SPD hat nur halb so viele Mitglieder wie CDU oder Linkspartei - wird aber wohl stärkste Partei. Warum?

37, geboren in Frankfurt (Oder), Finanzwirtin. Schwesig ist Ministerin für Soziales und Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern. Sie ist eine der stellvertretenden Vorsitzenden der Bundes-SPD.

Offenbar sind SPD-Politiker im Land und in den Kommunen präsenter als die der Konkurrenz. Wir haben zudem gehalten, was wir versprochen haben, die Kitagruppen verkleinert und ein kostenfreies Mittagessen eingeführt. Das wird honoriert.

Die SPD kann mit CDU oder Linken regieren. Mit wem wollen Sie?

Es ist gut, mehrere Optionen zu haben, aber mit beiden Partnern gibt es Schwierigkeiten. Die Linkspartei verspricht öffentlich geförderte Jobs auf Pump. Die Wähler verstehen aber, dass ein zwölf Jahre lang SPD-geführtes Finanzministerium dafür gesorgt hat, dass wir keine neuen Schulden machen.

Mecklenburg-Vorpommern ist für die SPD eine krisenfeste Region. Seit 1998 regiert die SPD - erst unter Harald Ringstorff mit der PDS, seit 2008 mit dem Westimport Erwin Sellering. Die SPD-CDU-Regierung in Schwerin ist seit 2006 am Ruder. Auch nach der Wahl am 4. September wird der Ministerpräsident Sozialdemokrat sein. Laut Umfragen von Emnid und Infratest kann die SPD mit 34 Prozent rechnen, die CDU mit knapp 30, die Linkspartei mit 19. Falls die CDU die SPD noch überflügeln sollte, ist ausgemacht, wer die nächste Regierung bildet: Rot-Rot unter SPD-Führung.

Die Linkspartei im Norden ist geprägt von der rot-roten Regierungszeit. Spitzenkandidat Helmut Holter war unter Ringstorff Arbeitsminister und ist Realpolitiker. Anders als in Brandenburg gibt es in der MV-Linkspartei eine starke linke Minderheit. Die Antikapitalistische Linke (AKL) fühlt sich benachteiligt, weil auf die Landesliste fast nur Pragmatiker gewählt wurden. Dieser Flügelstreit ist auch Hintergrund der Mauer-Debatte, die der Linkspartei derzeit zusetzt. SR

Der Schuldenabbau hat doch unter Rot-Rot begonnen …

Umso schlimmer, dass die Linkspartei jetzt soziale Wohltaten mit Schulden finanzieren will.

Die Wahlprogramme von SPD und Linkspartei lesen sich aber ähnlich. Beide wollen Mindestlöhne, öffentlich geförderte Beschäftigung, den Ausbau der Ökoenergie und acht Jahre langes gemeinsames Lernen …

Ja, aber einen massiven Ausbau des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors wird es mit uns nicht geben. Die Linke verspricht alles, und davon sehr viel, und dann noch auf Pump. Das ist unseriös und der große Unterschied zu uns. Außerdem hat die Linkspartei - siehe Streit um den Mauerbau - mehr mit ihren Altlasten zu kämpfen und wenig Ideen für Zukunftsaufgaben.

Was muss die Linkspartei tun, damit Rot-Rot wahrscheinlicher wird?

Bezahlbare Forderungen stellen. Wir werden keine neuen Schulden machen, schon wegen der Generationengerechtigkeit.

Also sehen Sie doch mehr Übereinstimmungen mit der CDU?

Nein. Die CDU ist in Schwerin in vielen Punkten ein Kanzlerinnenwahlverein. Was in Berlin beschlossen wird, nickt sie ab. Beim Mindestlohn oder solidarischer Gesundheitsversicherung wird es mit der CDU schwierig. Ich merke im Wahlkampf, dass die Menschen vor Ort neben Dumpinglöhnen auch die Gesundheitspolitik ängstigt. Viele wissen, dass sie sich eine Privatisierung der Pflege, die FDP und Union planen, nicht leisten können. Die SPD hat sich bewusst nicht auf einen Koalitionspartner festgelegt. Wir kämpfen für eine gestärkte SPD, dann können wir stark verhandeln.

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