Vor rot-schwarzen Verhandlungen: Die CDU bringt sich in Stellung

Jetzt stellt auch die CDU Bedingungen für eine Koalition mit der SPD. Und pocht auf den Schwerpunkt Innere Sicherheit.

Da lacht er, ab Mittwoch wird mit Wowereit verhandelt: Frank Henkel. Bild: dpa

Knapp eine Woche nach dem Scheitern von Rot-Grün kommt CDU-Frontmann Frank Henkel aus der Deckung. "Wir können und werden die öffentlichen gewalttätigen Übergriffe und Überfälle nicht hinnehmen", sagte Henkel der Bild am Sonntag. Das Thema innere Sicherheit müsse "ein wichtiger Bestandteil" der künftigen Regierungsarbeit sein, forderte der CDU-Chef. "Auch dafür sind wir gewählt worden, und das wird die CDU auch umsetzen." Am Wochenende kam es in der S- und U-Bahn zu zwei erneuten Übergriffen (s. Kasten).

Am Mittwoch beginnen SPD und CDU im Roten Rathaus ihre Koalitionsverhandlungen. Bereits im Vorfeld deutet sich an, dass die CDU ihre anfängliche Bescheidenheit aufgegeben hat. "Ich sage nicht, dass wir in allen Bereichen kompromissbereit sind. Ich sage, wir sind kompromissbereit", gab Henkel der Morgenpost zu Protokoll. Vor allem beim Thema innere Sicherheit, aber auch bei den Themen Integration und Bildung erwarten die Delegationen beider Parteien harte Verhandlungen.

Auf Seiten der CDU werden neben Henkel Parteivize Thomas Heilmann, Generalsekretär Bernd Krömer und die Bundestagsabgeordneten Monika Grütters und Frank Henkel dabei sein. Aus dem Abgeordnetenhaus kommen Michael Braun, Mario Czaja, Cornelia Seibeld und Andreas Statzkowski. Für die SPD gehen Klaus Wowereit, Landeschef Michael Müller, Iris Spranger, Mark Rackles, Marc Schulte, Barbara Loth, Harald Christ, Dilek Kolat und Christian Gaebler ins Rennen.

Ein 22-Jähriger ist auf dem S-Bahnhof Schöneweide attackiert und schwer verletzt worden. Dem Mann wurde am frühen Samstagmorgen regelrecht das Gesicht zertrümmert, er liegt mit Knochenbrüchen im Krankenhaus. Die Täter sind flüchtig. Vor dem Angriff sollen die Männer der Polizei zufolge heftig gestritten haben. Videoaufnahmen von der Tat gibt es nicht, auf dem Bahnhof sind keine Kameras montiert.

Kurz nach der Attacke in Schöneweide wurde am Samstag in Schöneberg eine junge Frau in einer U-Bahn während der Fahrt ausgeraubt. Die 18-Jährige hatte in der Linie 7 mit geschlossenen Augen Musik über die Kopfhörer ihres Handys gehört. Plötzlich hielt ihr ein Mann den Mund zu, sodass sie nicht um Hilfe rufen konnte. Ein Komplize packte ihre Beine und hielt sie fest. Dann schnappten sich die Männer das Handy der wehrlosen Frau, schlugen ihr ins Gesicht und flüchteten am U-Bahnhof Eisenacher Straße.

Die Taten waren die jüngsten in einer Reihe von Überfällen auf S- und U-Bahnhöfen. Erst am Freitag war unter großer Anteilnahme das 23 Jahre alte Opfer einer tödlichen Hetzjagd beigesetzt worden. Giuseppe M. war im U-Bahnhof Kaiserdamm von jungen Männern angegriffen worden. Auf der Flucht rannte er in ein Auto und kam dabei ums Leben. Der subjektiven Wahrnehmung, dass die Zahl solcher Straftaten steigt, stellte die Polizei unlängst indes Statistiken gegenüber - und die zeigen einen gegenläufigen Trend: Zwischen 2007 und 2011 sei die Zahl der Straftaten im öffentlichen Nahverkehr gesunken. (dpa, taz)

Bei den Verhandlungen wird es nicht nur um Inhalte, sondern auch um Personalien gehen. Nach einem Bericht des Magazins Spiegel streben die Christdemokraten nicht, wie bislang vermutet, das Innenressort an. Stattdessen soll Frank Henkel das Wirtschaftsressort übernehmen. Darüber hinaus soll die CDU das Stadtentwicklungs- und Bildungsressort für sich in Anspruch nehmen.

Drei Querschnittsressorts statt vier normaler Ressorts: Das könnte vor allem für die SPD zum Problem werden. Bislang nämlich wird Fraktionschef Müller nachgesagt, entweder Stadtentwicklungs- oder Wirtschaftssenator werden zu wollen. Auch das Bildungsressort, heißt es, würden die Sozialdemokraten nicht hergeben wollen. Gut möglich also, dass in Sachen Ressortverteilung den Verhandlern mehr Zoff ins Haus steht als bei inhaltlichen Themen.

Ihre Strategie haben die Christdemokraten am Freitag bei einer Präsidiumssitzung geklärt. Dabei wurden auch Themen angesprochen, die für die CDU nicht verhandelbar seien. Welche, wollte Parteichef Henkel nicht verraten. Man habe Vertraulichkeit vereinbart, hieß es.

Bereits am Donnerstag hatten sich Henkel, Heilmann, Wowereit und Müller auf einen Fahrplan für die Koalitionssverhandlungen geeinigt. Beide Pateien gehen davon aus, dass die Neuwahl des Senats frühestens am 24. November erfolgen kann.

Unterdessen begrüßte der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) die Verhandlungen mit der CDU. Es gebe nicht von vornherein Konfliktpunkte wie die A 100, sagte er. Dagegen kritisierte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele den Abgeordnetenhausfraktionschef Volker Ratzmann. Er hätte den Weiterbau der Autobahn A 100 vor der Abgeordnetenhauswahl nicht kategorisch ausschließen dürfen, sagte Ströbele dem Tagesspiegel. Ratzmann keulte via BZ zurück: Offenbar bekomme Ströbele "nicht mehr alles so genau mit" in der Partei. Die eigene Argumentation, so Ratzmann, sei stets mit dem Grünen-Vorstand und der Fraktion abgestimmt gewesen.

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