Vorschlag der UN: Insekten gegen den Welthunger

Gegrillte Termiten, gekochte Grashüpfer. Die UN erklären Insekten zur "einzigartigen" Alternative für Fisch und Fleisch. Damit ließen sich Klimawandel und Hunger bekämpfen.

Neues Essen erschließen und genießen: beispielsweise Termiten. Bild: dpa

Schon früh am Morgen sind die Bauern in den Sümpfen außerhalb von Laos Hauptstadt Vientiane unterwegs. In gleichmäßigen Achterbewegungen schwingen sie die großen Kescher über das Feld. Sie sammeln Grillen - um diese später auf einem nahe gelegenen Markt zu verkaufen. So regional soll die Ernährung mit Insekten aber nicht bleiben.

Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) will den Hunger auf der Welt mit Insekten - gegrillten und gekochten Termiten, Grashüpfern oder Bienenlarven - stillen. Das klingt für Europäer befremdlich. Der Verzehr der proteinreichen Wesen ist aber in anderen Ländern längst üblich, vor allem in fleisch- und fischärmeren Regionen Asiens, Afrikas und Teilen Lateinamerikas. Etwa 1.000 verschiedene Insektenarten gelten als essbar.

In Laos, einem der ärmsten Länder der Welt, essen schätzungsweise neunzig Prozent der Einwohner bereits Insekten. Dort hat das Tradition. Und manche Insekten werden bereits professionell gezüchtet. Rund 115 US-Dollar pro Monat verdienen die laotischen Züchter - das ist mehr als das Doppelte des monatlichen Mindestlohns eines Textilarbeiters in dem Land. Aufgrund ihres hohen Anteils an ungesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen und Vitaminen seien Insekten eine "einzigartige" Alternative zu Fleisch und Fisch - "für eine Milliarde hungernder Menschen", so schreiben die FAO-Experten in einem Informationsblatt, das sie Ende des Jahres veröffentlicht haben.

Die FAO hat eine Kampagne gestartet, mit der sie die Regierungen in Entwicklungsländern animieren will, in ihren Wäldern die bisher vielerorts noch unerforschte Nahrungsressource Insekt unter die Lupe zu nehmen. Die UN fördern zudem kleinere Insektenzüchter in Laos. So soll die professionelle Zucht vorangetrieben werden. Im benachbarten Thailand wird sie heute schon von gut 15.000 Bauern betrieben. Die Insekten sollen nicht nur Nahrungs-, sondern auch Einkommensquelle sein, auch im kleinen Maßstab.

Die Idee: Ärmere Menschen, die selbst kein Land besitzen, bestreiten mit dem Verkauf gesammelter Insekten ihren Lebensunterhalt. Auch für Bauern könne die Umstellung von Vieh auf Insekten lohnend sein, meint die FAO. Dann sänken Futterbedarf und Ausgaben.

Schon vor zwei Jahren hatte die FAO Insekten als Nahrungsmittel ins Gespräch gebracht. Seither entwickeln die Landwirtschaftsfachleute Maßnahmen. Anfang 2011 soll nun ein Aktionsplan für die nächsten zwei Jahre veröffentlicht werden. Die FAO hofft, dass die Insektenzucht auch der Umwelt guttut. Wer von Insekten lebt, schützt ihren Lebensraum - wertvolle Wälder. Zudem gilt die bisher übliche Rinderzucht als besonders schädlich, weil die Tiere viel Futter brauchen und Klima belastendes Methan ausstoßen. Insekten, so haben Forscher für die FAO berechnet, produzieren für dieselbe Menge an Proteinen weniger Treibhausgase.

Die FAO fordert, dass Larven und Termiten auch von Menschen in westlichen Industrieländern gegessen werden, damit der Fleischbedarf weltweit sinkt. Doch Marita Wiggerthale, Agrarexpertin der Entwicklungsorganisation Oxfam, ist skeptisch, dass die Insektenstrategie aufgeht. Wo der Verzehr nicht schon der Kultur entspricht, gebe es "keine große Möglichkeit", Insekten schmackhaft zu machen. Der Hunger werde so nicht besiegt - schließlich gebe es auch Probleme bei der Versorgung mit Obst und Gemüse.

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