Vorstoß von Ministerin Reiche: Kosten für Ökostromer?
Sollen die Erzeuger erneuerbarer Energien Netzkosten bezahlen? Die Wirtschaftsministerin kündigt Belastungen an, doch was der Plan ist, bleibt offen.

Wie eine solche Beteiligung der Stromerzeuger aussehen könnte, ist aus dem Ministerium allerdings nicht zu erfahren. Soll es nur um Neu- oder auch um Altanlagen gehen? Nur um große Einspeiser oder auch um kleine Balkonsolaranlagen? Soll jede Kilowattstunde oder pauschal für installierte Leistung bezahlt werden? Spielt der Ort der Anlage eine Rolle?
„Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt“, sagt Nicolai Herrmann, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Enervis Energy Advisors. Wichtig sei, dass jede Neuregelung mit den komplexen Energiemärkten harmonieren müsse. Ungewöhnlich ist die Idee, auch von Einspeisern Netzentgelte zu erheben, indes nicht. „Es gibt Länder, die diese Variante gewählt haben“, sagt Uwe Leprich, Professor für Wirtschaftswissenschaften in Saarbrücken.
Doch Deutschland habe sich für ein Modell entschieden, bei dem allein die Verbraucher die Netzkosten bezahlen. Auch Großkraftwerke hätten daher nie Netzentgelte entrichtet. Letztendlich sei es aber egal, welchen Modus man wählt.
Wenn Ökostromerzeuger künftig Netzentgelte bezahlen müssten, müsse der Staat im Gegenzug die Vergütungen für den eingespeisten Strom erhöhen, sofern er nicht weniger Investitionstätigkeit in Kauf nehmen will. „Das ist dann das Prinzip linke Tasche, rechte Tasche“, so der Energieökonom.
Der Thinktank Agora Energiewende äußerte sich bereits im Sommer skeptisch: Um Verbraucher nennenswert von Netzkosten zu entlasten, seien „sehr hohe Umverteilungen nötig“. Hinzu komme, dass der Großhandelspreis des Stroms steigt, wenn man die Erzeuger mit den Netzkosten belastet – womit diese dann doch wieder an die Verbraucher durchgereicht würden.
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