WM-Qualifikation Playoffs: Ungebändigter Egomane

Portugal und Schweden kämpfen um einen Platz beim Turnier in Brasilien. Zlatan Ibrahimovic glaubt, dass man ihn dort mehr braucht als Ronaldo.

„Die WM braucht Zlatan mehr als Ronaldo.“ Bild: dpa

Schon das Vorwort in schwarzer Schrift auf gelber Kartonage wirkt nicht minder imposant als der Mann selbst. „Es ist okay, nicht so zu sein wie alle anderen. Glaubt nur immer an euch selbst, für mich ist es trotz allem gut ausgegangen.“ Welche Leserschichten solche Botschaften ansprechen, sei dahingestellt. Fakt ist, dass sich Fußballbücher auf dem deutschen Markt üblicherweise weitaus schlechter verkaufen als die eigenwillig erzählte Geschichte mit dem Titel: „Ich bin Zlatan Ibrahimovic.“

Wer sich mit der schwedischen Nationalmannschaft beschäftigt, landet zwangsläufig bei dem Ausnahmefußballer, an dem alleine der Haarschopf gebändigt wirkt. Die meisten Mitspieler hätten sich vor der WM-Playoff-Partie am Freitag in Portugal (20.45 Uhr) gemächlich in Lissabon durch das geschäftige Viertel Baixa spazieren können, sie wären wohl für skandinavische Touristen gehalten worden. Bei ihrem 32-jährigen Starstürmer, der in 94 Länderspielen 46-mal traf, ein Ding der Unmöglichkeit. „Er kann nie allein auf die Straße – es kommen immer 50 Leute“, weiß sein Mannschaftskollege Per Nilsson.

Der Abwehrspieler des 1. FC Nürnberg weiß, dass „Team Sverige“ stets auf seinen 1,95 Meter großen Leuchtturm reduziert wird. „Eigentlich ist er zu gut für uns. Wenn er den Ball hat, dann hast du keine Chance, dazwischenzukommen. Er ist im Moment der vielleicht beste Spieler der Welt.“ Kein Profi hat mehr Ablösegelder bewegt, als der von Malmö nach Amsterdam, von Turin nach Mailand, van da nach Barcelona und zurück zum AC Mailand gewechselte und nun in Paris angesiedelte Kicker: fast 170 Millionen Euro. Doch im Geld geht es diesmal nicht.

Schwedens Fußballer des Jahres in Endlosschleife findet, dass es ihn in Brasilien braucht. „Die Aufregung, die ich ins Spiel bringen kann, und die Tore, die ich schießen kann – niemand kann da mit mir konkurrieren.“ Das Bestreben von „Ibrakadabra“, am Zuckerhut zu zaubern, scheint gewaltig wie sein Selbstvertrauen: „Die WM braucht Zlatan mehr als Ronaldo.“

Erfolglose WM-Auftritte

Man muss den Egomanen und sein Ansinnen verstehen: Bei seinen drei Europameisterschaften 2004, 2008 und 2012 schoss er jeweils zwei Tore – so war auch zuletzt in der Ukraine das Vorrundenaus gewiss nicht ihm anzukreiden. Aber seine zwei Weltmeisterschaften sind nicht der Erinnerung wert: 2002 kam er als unerfahrener Ergänzungsspieler, 2006 trat er nach dem Achtelfinale gegen Deutschland (0:2) torlos ab. Und dass sich die Schweden 2010 nicht qualifizierten, stieß ihm so übel auf, dass er sich eine Auszeit nahm.

Erst Nationaltrainer Erik Hamren öffnete Ibrahimovic wieder die Tür und stattete die Nummer zehn mit allen Freiheiten aus. Vor dem WM-Quali-Spiel gegen Deutschland – Ibrahimovic fehlte gesperrt – verteilten junge Frauen in Stockholm schwarze Handzettel, um für die App von Ibrahimovic zu werben. „Zlatan unplugged“– Zlatan ohne Schickimicki. Passt.

Auf den Punkt endet übrigens auch sein 394 Seiten starkes Buch – mit einer Rückkehr nach Malmö. Der zweifache Familienvater erzählt, wie er zur Annelundsbron, einer Brücke des Problemviertels Rosengård fährt, weil daran ein Schild prangt: „Man kan ta en kille från Rosengård, men man kan inte ta Rosengård från en kille.“ Übersetzt: „Man kann einen Typen aus Rosengård herausholen, aber man kann Rosengård nicht aus einem Typen herausholen.“ Zitat Zlatan.

In diesem Moment erinnert sich der Großverdiener und Grenzgänger angeblich noch einmal an alles. An den Vater, seinen leeren Kühlschrank und die vielen Bierdosen. An die Mutter, wenn sie vom Putzen kam. Und natürlich an ihre Umarmung, als er 2002 zu ersten WM nach Japan abreiste. Es ist eine bewegende Episode eines ansonsten zu dick aufgetragenen Werkes, das mit dem Satz schließt: „Es war ein Märchen, und ich war Zlatan Ibrahimovic.“ Es hängt heute im Estadio da Luz von Lissabon und am Dienstag in der Arena von Solna viel an ihm selbst, ob noch ein Kapitel WM-Geschichte dazukommt.

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