Wärmepumpe oder Holzofen?: Runter vom Gas

Mit Gas heizen gefährdet das Klima – und wird teurer. Die Bundesregierung will die Wärmewende einleiten. Gibt es schnelle Alternativen?

Eine Arbeiterin schraubt an einer Wärmepumpe

Begehrte Fachkraft: Mitarbeiterin montiert Wärmepumpe Foto: Roberto Pfeil/dpa

BERLIN taz | Nein, die Wärmepumpe soll nicht das E-Auto der Energiewende im Gebäudesektor werden. Gebäude seien „sehr viel komplexer“ als Autos, darum werde es beim Heizen nie nur die eine Lösung geben, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) nach dem Wärmepumpengipfel am Mittwoch.

Als einen entscheidenden Faktor in der Wärmewende sieht die Bundesregierung das Heizen, mit dem Strom Wärme aus Luft, Boden oder Wasser zieht, aber doch. Darum traf sie sich mit Vertretern von Herstellern, Netzbetreibern, der Wohnungswirtschaft und der Energiewirtschaft.

Sechs Millionen Wärmepumpen sollen 2030 hierzulande Gebäude heizen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach dem Gipfel. 2021 haben Heizungsfirmen 150.000 solcher Pumpen eingebaut, „2024 müssen es 500.000 sein“, um das Ziel zu erreichen, so Habeck.

Die Hersteller täten alles in ihrer Macht Stehende, um „einen schnellstmöglichen Hochlauf des deutschen Wärmepumpenmarktes zu ermöglichen“, erklärte Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wärmepumpe. Allerdings müsse die Bundesregierung dafür noch in diesem Jahr das Gebot gesetzlich verankern, dass ab 2024 alle neu eingebauten Heizungen auf der Basis von 65 Prozent erneuerbaren Energien arbeiten müssen, forderte Sabel. „Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit, sich im erforderlichen Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten.“

Da blitzt die Angst der Branche hervor, wie die Solarindustrie zu enden: Diese war euphorisch gestartet und dann fast gänzlich nach China abgewandert. Ursache dafür war laut Habeck fehlende politische Verlässlichkeit. Das wolle die Bundesregierung nun anders machen. So beteuerten beide Minister, Deutschland müsse auch Produktionsstandort für Wärmepumpen werden und bleiben. Die Wärmewende sei nicht nur Klimaschutz, sondern auch Industriepolitik.

Über die bestehenden Programme hinaus fördern wolle man den Einbau von Wärmepumpen nicht, sagte Geywitz, das sei in dem ausgelasteten Markt nicht nötig. Sehr wohl fördern wolle man aber Forschung und Entwicklung, sagte Habeck. Die deutsche Forschungslandschaft soll den Unternehmen zur Verfügung stehen. „Was im Gebäudesektor vor uns liegt, ist genauso umwälzend wie der Umbau der Autoindustrie“, sagte Geywitz. „Wir bereiten den Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe vor.“

Damit das gelinge, müsse man „die Kommunen mit ins Boot holen“ und dafür sorgen, dass der immense Strombedarf der Pumpen auch möglichst in den Gebäuden selbst erzeugt werden könne. „Dafür müssen wir die Bedingungen für Mieterstrom verbessern, Genehmigungen für Photovoltaik schneller erteilen und die Wartezeiten auf Genehmigungen für Wärmepumpen verringern“, so die Ministerin.

Zumindest rhetorisch war auch die FDP auf dem Wärmepumpengipfel vertreten: An die Energiewende im Gebäudesektor wolle man „technologie­offen“ herangehen, betonte Geywitz. Je nach Standort könnten auch Pelletheizungen oder Fernwärmesysteme zum Einsatz kommen. Nur dem Wasserstoff erteilten beide Minister eine Absage: Der sei zum Heizen zu teuer.

Wärmepumpe im Altbau – möglich, aber teuer

Langfristig sind Wärmepumpen das Mittel der Wahl – aber können sie auch eine mögliche Gaskrise im kommenden Winter überbrücken? „Viele Wärmepumpen sind derzeit nicht lieferbar, Wartezeiten von einigen Monaten oder auch über einem halben Jahr sind nicht unüblich“, sagt Benjamin Weismann, Bundesgeschäftsführer des GIH, der Interessenvertretung für Energieberaterinnen und Energieberater. Zudem seien die Preise für die Anlagen und oft auch für Handwerker stark gestiegen. Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel. Die Handwerksbetriebe im SHK-Bereich – Sanitär-Heizung-Klima – sind stark ausgelastet, bei vielen bekommt man erst 2023 wieder Termine. Und weniger als die Hälfte der SHK-Betriebe baut regelmäßig Wärmepumpen ein.

Dabei ist eine gute Beratung das A und O beim Einbau einer Wärmepumpe. Schlecht geplante Öl- und Gasheizungen sind zwar teuer im Betrieb – heizen aber am Ende trotzdem. Bei Wärmepumpen hingegen könne eine mangelhafte Planung zu ungünstigen Ergebnissen führen. „Die Gefahr beim Einbau von Wärmepumpen im unsanierten Bestand besteht darin, dass die Stromkosten in kalten Wintern sehr stark steigen können, auch über die jetzigen Öl- und Gaskosten hinaus“, sagt Weismann.

Man solle sich Fachbetriebe mit einem „breiten, gewerkeübergreifenden Wissen suchen, da das Bauwerk als Ganzes betrachtet werden muss“, sagt Weismann. Empfehlenswert sei ein unabhängiger Energieberater, der eine Planung aufstellt, um zukünftige Sanierungsmaßnahmen aufeinander abzustimmen, denn eine Wärmepumpe funktioniert am besten in einem sehr effizienten Haus. Solch ein „individueller Sanierungsfahrplan“ könne bis zu 80 Prozent staatlich gefördert werden. Meistens sei es am besten, zuerst die Gebäudehülle – Dach, Wände, Fenster, Keller – zu sanieren und dann die Heizanlage auf den viel niedrigeren Wärmebedarf abzustimmen. „Sonst baut man eine überdimensionierte und teure Heizung ein, die man nach der Sanierung gar nicht benötigt“, so Weismann. Eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus von 130 Quadratmetern kann gerne 35.000 Euro kosten – wird allerdings ebenfalls staatlich gefördert.

Wer ein unsaniertes Haus hat, könne schrittweise ­vorgehen: „Eine Übergangslösung kann in bestimmten Fällen sein, dass man die Wärmepumpe als Grundlast betreibt und im Winter die noch bestehende Öl- oder Gasheizung als ‚Spitzenlastkessel‘ zusätzlich laufen lässt“, rät Weismann. Dann habe man zwar zwei Systeme mit separater Wartung, man gewinne aber Zeit, die Gebäudehülle zu sanieren.

Mieter können sparen – und Thermostate kaufen

Mieter, deren Wohnung mit einer Gasheizung beheizt wird, „haben praktisch keine Möglichkeit, das zu ändern“, sagt Martin Brandis, Energieexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband, „sie können ja keine Investitionen tätigen“. Wer seine Wohnung im Winter tendenziell stark heizt – also mehr als 21 Grad – solle überlegen, ob er die Heizung nicht wirklich runterdrehen könne, sagt Brandis. Wichtig: Räume, die tagsüber leer sind, weil die Be­woh­ne­r:in­nen nicht da sind, müssen nicht beheizt werden. Dass das Aufheizen kalter Räume mehr Energie verschlingt, als sie konstant erwärmt zu lassen, sei ein Mythos, sagt Brandis. Er rät zu programmierbaren Thermostaten, die es im Baumarkt oder bisweilen im Discounter zu kaufen gibt und die auf nahezu jeden Heizkörper mit Thermostat passen. Damit kann die Raumtemperatur reguliert und, kurz vor Feierabend, wieder erhöht werden.

Hilft eine kleine Photovoltaikanlage auf dem Balkon? „Einen Teil ihres Strombedarfs können Mie­te­r:in­nen damit decken“, sagt der Energieexperte, „das ist empfehlenswert und sinnvoll.“ Aber in Sachen Heizen und Gassparen helfe es nicht. „Um Solarthermie sinnvoll nutzen zu können, müssen die Kollektoren an die zentrale Heizungsanlage angeschlossen werden.“ Das sei für Mie­te­r:in­nen schwierig. Sinnvoll könne auch sein, Ver­mie­te­r:in­nen auf die derzeit komfortable Förderung für den Einbau von Wärmepumpen hinzuweisen.

Wer in einer Eigentumswohnung wohnt, hat mehr Möglichkeiten. „Hier hängt es davon ab, was die Eigentümer verabredet haben“, sagt Brandis. Eine Wärmepumpe setzt wegen der hohen Investitionssumme in den meisten Eigentümergemeinschaften den Beschluss aller Eigentümer voraus. Für diesen Winter dürfte das in vielen Fällen zu spät sein. Hier gilt der Hinweis für die Mieter: runter mit der Temperatur.

Letzte Rettung – Holzofen?

Für eine Wärmepumpe ist es zu spät, frieren will man trotzdem nicht – also einfach einen Holzofen ins Wohnzimmer einbauen lassen? Dann ist es wenigstens in einem Raum warm. „Keine gute Idee“, sagt Klaus Hennenberg, der sich am Öko-Institut in Darmstadt mit der Treibhausgasbilanzierung von Holz und Wäldern befasst. „Luftschadstoffe wie Feinstaub und Kohlenmonoxid sind bei Holzöfen höher als bei Gasbrennern und die Klimabilanz fällt auch nicht besser aus, wenn Holz aus dem Wald entnommen wird“, sagt Hennenberg. Scheitholz aus dem Wald zu verbrennen, setze CO2 frei; ein Kubikmeter Holz hat etwa eine Tonne Kohlendioxid gebunden. Die Senkenfunktion, die Holz etwa in Möbeln, als Bau-Rohstoff oder auf der Waldfläche hat, geht mit der Verbrennung verloren.

Wer jetzt aus Angst vor dem Winter kurzfristig in einen Holzofen investiert, schaffe also für die nächsten 20 Jahre eine nicht nachhaltige Nachfrage nach dem Rohstoff Holz, warnt der Experte. Anders sehe es aus, wenn schon ein Holzofen zusätzlich zur Gasheizung vorhanden sei. „Dann kann man natürlich in diesem Winter mehr mit Holz heizen und dadurch Gas sparen“, sagt Hennenberg. Auch wer mit dem Gedanken spiele, einen Holzofen abzuschaffen, könne das verschieben. „In ein, zwei, drei Jahren ist die Gaskrise hoffentlich vorbei“, sagt Hennenberg. Eine langfristige Investition wie eine neue Heizung solle man nicht an diesem kurzen Zeitraum ausrichten.

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