Waffen für Syrien: Spaltpilz für den G-8-Gipfel

Auf dem Gipfeltreffen in Nordirland scheint ein Konsens zwischen den USA und Russland über Waffen für die syrischen Rebellen ausgeschlossen.

Protestaktion der Anti-Hunger-Aktivisten gegen den G-8-Gipfel in Nordirland. Bild: ap

BELFAST taz | 2.000 Jugendliche jubelten am Montag in Nordirland US-Präsident Barack Obama, seiner Frau Michelle und den beiden Töchtern zu. Vor der Weiterreise zum G-8-Gipfel am Lough Erne sprachen sie in der Waterfront Hall. Manche Zuhörer fielen vor Aufregung in Ohnmacht.

Michelle Obama stellte ihren Mann vor als „jemanden, den ich manchmal auf meine Reisen mitnehme“, Barack Obama hielt eine Rede, deren Botschaft lautete, die 16-jährigen Zuhörer seien die Zukunft und sie hätten dafür zu sorgen, dass der Frieden in Nordirland dauerhaft bleibt.

Für die Schüler aus ganz Nordirland wird die Rede unvergesslich bleiben. Der Rest der Welt wird sie kaum in Erinnerung behalten. Obama hat in Nordirland auch Wichtigeres zu tun: Beim G-8-Gipfel, der am Montagnachmittag am nordirischen Lough Erne begann, ist Syrien ein beherrschendes Thema.

Die US-Regierung ist entschlossen, bestimmte Rebellen mit Waffen zu unterstützen, und Großbritannien und Frankreich scheinen bereit, diesen Kurs zu unterstützen. Russland, das die Regierung Assad mit Waffenlieferungen unterstützt, lehnt eine Bewaffnung der Regimegegner dagegen entschieden ab.

Eine Einigung auf eine gemeinsame Position erscheint aussichtslos. Das wurde bereits am Sonntagabend bei der frostigen Pressekonferenz deutlich, die der britische Premier David Cameron und der russische Präsident Wladimir Putin in Camerons Amtssitz in der Londoner Downing Street gaben.

Der Krieg ist vorbei, Nordirland ist Investitionen oder zumindest eine Reise wert. Diese Botschaft will der britische Premier David Cameron mit seiner Ortswahl für den G-8-Gipfel verbreiten. Aber natürlich hat er das Luxus-Hotel mit dem von Nick Falso entworfenen Golfplatz am Lough Erne nahe der inneririschen Grenze auch aus pragmatischen Gründen gewählt.

Das schlossartige Gebäude liegt auf einer Halbinsel, ist also leicht zu bewachen, zumal der Bootsverkehr auf dem See unterbunden ist. Ein 10 Kilometer langer Zaun, ein paar Drohnen und 8.000 Polizisten tun ein Übriges. Der nächste nennenswerte Ort Enniskillen, wo Menschen demonstrieren können, ist 10 Kilometer entfernt.

Für den Hotelier ist der Gipfel ein Segen. Das Hotel stand kurz vor der Pleite, jetzt erlebt es einen Aufschwung: Übernachten in dem Bett, in dem Barack Obama oder Angela Merkel geschlafen haben. Oder auch Wladimir Putin.

Allerdings: Die Besitzer des Grand Hotels Heiligendamm rettete der G-8-Gipfel von 2007 nicht. Der Betrieb ging pleite, das Hotel hat inzwischen einen anderen Besitzer. (raso)

Cameron betonte zwar, er sei sich mit Putin einig, dass die „Katastrophe der Bürgerkriegs beendet“ werden müsse, doch damit endete auch das Einvernehmen.

„Er muss gehen“

Der britische Premierminister bezeichnete den syrischen Regierungschef Baschar al-Assad als „mörderischen Diktator“ und beschuldigte ihn, sein Land zu zerreißen. „Er muss gehen“, sagte Cameron. „Die neuen Beweise, dass das Regime Gas gegen sein Volk einsetzt, machen das deutlicher als je zuvor.“

Cameron legte sich jedoch nicht fest, den USA zu folgen und die Rebellen in Syrien mit Waffen zu versorgen. Der Koalitionspartner, die Liberalen Demokraten, sind dagegen, und viele Tories sind es auch. Londons Bürgermeister Boris Johnson warnte, es gebe keine Möglichkeit, zu verhindern, dass die Waffen bei Al-Qaida-Gangstern landeten. Cameron glaubt dagegen, man könne sicherstellen, dass die Waffenlieferungen nicht in falsche Hände gerieten.

Keine Unterstützung für Kannibalen

Putin warf dem Westen in London vor, Kannibalen zu unterstützen. Er bezog sich auf ein YouTube-Video, in dem ein Rebell offenbar die Organe eines getöteten syrischen Soldaten verspeist. „Will man solche Personen unterstützen?“, fragte der russische Präsident. „Das hat wohl wenig mit den humanitären Werten zu tun, die seit Jahrhunderten in Europa gepredigt werden.“

Russland liefere Waffen an die legitime Regierung Syriens und breche damit kein Gesetz, sagte Putin und verlangte von den anderen G-8-Ländern, sich ebenfalls gesetzestreu zu benehmen.

Die jüngsten Erfolge der syrischen Regierungstruppen bestärken Moskau in der Überzeugung, mit der Unterstützung Assads auf dem richtigen Weg zu sein. Seit Jahrzehnten ist Damaskus ein russischer Verbündeter. Derzeit stehen Bestellungen von mehreren Milliarden Dollar in den Büchern der russischen Rüstungsindustrie.

Moskau gegen Regimewechsel

Grundsätzlich lehnt der Kreml Regimewechsel von außen ab und hält an dem Konzept fest, das den Einsatz von Gewalt an die Kontrolle durch den UN-Sicherheitsrat knüpft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wiederholte vor ihrem Abflug nach Belfast, Deutschland werde sich nicht an Waffenlieferungen beteiligen. „Wichtig ist, dass ein politischer Prozess in Gang kommt. Allein militärisch wird das nicht zu lösen sein“, sagte sie. Zugleich verlangte Merkel eine Einbeziehung Russlands in die Suche nach einer Friedenslösung für Syrien.

Doch wie aussichtslos eine Einigung ist, zeigt eine Äußerung des kanadische Premierministers Stephen Harper. Er sagte am Montag in Dublin: „Wir dürfen uns nichts vormachen: Das ist die G 7 plus eins. Putin und seine Regierung unterstützen die Gangster der Assad-Regierung aus Gründen, die nicht vertretbar sind, und Putin kennt meine Meinung darüber.“

Mitarbeit: Klaus-Helge Donath, Moskau

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