Waffenhandel USA - Mexiko: Ermittlungen mit tödlichem Ausgang

Die Bundespolizeibehörde ATF ließ mexikanische Drogenkartelle in den USA tausende Waffen kaufen. So wollten sie an Hintermänner kommen. Das ging schief.

Angehörige des Zeta-Kartells nach einer Polizeiaktion in Mexiko-Stadt. Bild: reuters

BERLIN taz | Eine gescheiterte Operation der US-Bundespolizeibehörde ATF mit tödlichen Folgen beschäftigt den US-Kongress. Bei einer Anhörung vor einem Unterausschuss des Repräsentantenhauses wurden am Mittwoch scharfe Vorwürfe an die Spitze der Behörde laut.

Anlass der Anhörung war der Tod des US-Grenzschutzbeamten Brian Terry im Oktober vergangenen Jahres im Bundesstaat New Mexico. Terry war bei einer Schießerei mit mutmaßlichen Angehörigen mexikanischer Drogengangs ums Leben gekommen. Am Tatort waren unter anderem zwei AK-47-Sturmgewehre gefunden worden, die den Behörden bekannt waren: Sie waren unter den Augen der ATF ganz legal an Personen verkauft worden, die im Verdacht standen, lediglich Strohmänner mexikanischer Drogenkartelle zu sein. Statt einzuschreiten und die Waffen zu kassieren, beschränkte sich die ATF aufs reine Beobachten - das war Teil eines 2009 begonnenen Programms mit dem Titel "Fast & Furious", mit dem die Behörde hoffte, Zugang zu den Organisatoren eines mutmaßlich größeren Schmugglerrings zu bekommen. Das ging schief: Rund 2.500 Waffen wurden unter Überwachung der ATF an zweifelhafte Personen verkauft, davon sind rund 2.000 verschwunden, weil die ATF-Überwacher die Spur der Waffen verloren.

Der Skandal wurde im April öffentlich, weil frustrierte ATF-Agenten sich an den Kongress wandten. Einer davon, Spezialagent John Dodson, sagte am Mittwoch aus: "Statt die Waffen zu beschlagnahmen, machten wir Notizen, zeichneten Beobachtungen auf, notierten Bewegungen der beobachteten Personen kurze Zeit nach dem Waffenkauf - aber mehr nicht." Und jedes Mal, wenn die Beamten meinten, nun aber zuschlagen zu müssen, wurden sie von ihren Vorgesetzten zurückgepfiffen.

"Schutz von Menschenleben nicht vorrangig"

Die Mutter des getöteten Brian Terry kann das nicht fassen: "Ich wollte das zuerst gar nicht glauben", sagte sie den Abgeordneten. Die Familie drängt auf straf- und disziplinarrechtliche Verfolgung der ATF-Verantwortlichen und kann sich dabei der Unterstützung republikanischer Abgeordneter sicher sein. Ausschussvorsitzender Darrell Issa aus Kalifornien und Senator Chuck Grassley aus Iowa schreiben in einem zur Anhörung veröffentlichten Bericht: "Mit der klinischen Präzision eines Laborexperiments führte das Justizministerium Buch über die Waffen, die sie im Umlauf ließen, und die Tatorte, wo sie dann auftauchten. Zum Entsetzen der Beamten war der Schutz von Menschenleben nicht vorrangig."

Seit Jahren ist bekannt, dass rund 70 Prozent der beim Krieg der Kartelle in Mexiko eingesetzten Waffen aus den USA stammen. Grund sind die laschen Waffengesetze der USA: Im Bundesstaat Arizona, wo der Großteil der jetzt abhanden gekommenen Waffen gekauft worden war, dürfen Privatpersonen sogar mehrere Waffen gleichzeitig kaufen, bis hin zu militärischen Waffen wie eben dem AK-47. Und wenn sie das bei Waffenmessen tun, entfällt jeglicher Hintergrundcheck der Käufer - ein offenes Tor für die Einkäufer der Kartelle oder deren Strohmänner.

Das wollen einige demokratische SenatorInnen jetzt ändern. Chuck Schumer aus New York und Dianne Feinstein aus Kalifornien empfehlen in einem von ihnen Anfang der Woche vorgelegten Bericht neue Gesetze, mit denen das Schlupfloch der Waffenmessen geschlossen wird, der Import von militärisch nutzbaren Waffen verboten und Mehrfachkäufer zwingend gemeldet werden müssten. Große Chancen auf Erfolg hat die Initiative nicht.

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