Wahl-Proteste in Venezuela: Mit Feuerwerk gegen die Opposition

Der unterlegene Henrique Capriles benennt erstmals konkrete Unregelmäßigkeiten bei der Wahl in Venezuela. Die Opposition macht Lärm, die „Chavistas“ feiern.

Caracas: Proteste gegen den Wahlsieg Maduros. Bild: dpa

CARACAS taz | Auch in der dritten Nacht nach der Präsidentschaftswahl herrschte in Venezuela Hochspannung. Bei den Protesten am Tag und in der Nacht zuvor wurden offiziell sieben Todesopfer registriert. Der Streit zwischen Regierung und Opposition um den Wahlausgang hat sich weiter verschärft. Nach dem offiziellen Ergebnis hatte Capriles die Präsidentschaftswahl am Sonntag mit nur 272.865 Stimmen Unterschied gegen Nicolás Maduro verloren.

Beide Seiten reklamieren jedoch den Sieg weiterhin für sich. Die Opposition erkennt das offizielle Wahlergebnis nicht an und fordert eine 100-prozentige Überprüfung der Stimmabgabe. Die Regierung kontert, man habe die Hälfte überprüft und keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Doch vor allem aus dem Regierungslager wird die Stimmung mit kriegerischem Vokabular angeheizt.

Maduro hatte dazu aufgerufen, das für den Abend wieder angekündigte Kochtopfschlagen der rechten Opposition zu übertönen. Wo tags zuvor noch die Anhänger der Opposition auf Kochtöpfe schlugen, trommelten, sangen und tanzten die Chavistas. Im Himmel über Caracas knallten pausenlos Feuerwerksraketen.

„Leole leola, tenemos Presidente, tenemos Nicolás.“ Pünktlich um 20 Uhr füllten die Anhänger von Venezuelas Wahlrat ernannten Präsidenten Nicolás Maduro die Straßen und Plätze in der Hauptstadt Caracas. Am Eingang der Fußgängerzone „Sabana Grande“ trommelte eine Combo junger Musiker eine Fiesta Chavista zusammen. Nur kurz lag gefährliche Spannung in der Luft, als eine Gruppe junger Caprilistas „Maduro wird stürzen“ skandierte aber rasch über die Treppen in der Metrostation verschwanden.

Die Anhänger von Oppositionskandidat Henrique Capriles folgten weitgehend seiner Aufforderung, zu Hause zu bleiben, aber auf Balkonen und Innenhöfen auf die Kochtöpfe zu schlagen. So erhob sich Punkt acht Uhr das typische metallisch-chaotische Geräusch eines Kochtopfkonzerts.

Maduros martialische Worte

Die Rechte führe einen Krieg gegen das Land, wetterte der frisch gekürte Präsident Nicolás Maduro. „Die Stunde der Entscheidungen in Venezuela ist gekommen. Entweder sind wir auf der Seite des Friedens und des Vaterlandes, oder wir sind mit dem Faschismus und der Gewalt“, sagte Maduro und machte unmissverständlich klar, dass er einen Marsch der Opposition in die Innenstadt nicht zulassen werde. „Sie werden nicht ins Zentrum von Caracas marschieren und es mit Toten und mit Blut füllen.“

Capriles sagte den für Mittwoch geplanten Marsch zur Obersten Wahlrat CNE im Zentrum der Hauptstadt ab. Dabei wollte er offiziell seinen Antrag auf eine Neuauszählung der Wahl vom Sonntag dem CNE übergeben. Er habe verlässliche Informationen darüber, dass die Regierung gezielt Provokateure in die Opposition einschleust. „Die Schlagzeilen der Medien sollen von Gewalttaten berichten und so vom Wahlbetrug ablenken.“ Das sei die bekannte Strategie der Regierung und aus diesem Grund sage er den Marsch ab. „Maduro, beruhige Dich ein wenig“, richtete Capriles einen direkten Appell an seinen Kontrahenten.

Erstmals machte Capriles konkrete Angaben über die von der Opposition beanstandeten Unregelmäßigkeiten und nannte Beispiele: So seien in 535 Wahllokalen die elektronischen Wahlmaschinen ganz oder teilweise defekt gewesen. In 283 Wahllokalen wurden den Wahlzeugen der Opposition die garantierte Anwesenheit verwehrt oder, sie wurden teilweise von Militärangehörigen mit Waffengewalt aus den Wahllokalen verwiesen.

Ungläubige Opposition

In den Listen seien rund 600.000 Verstorbene als Wahlberechtigte eingetragen. In einigen Wahllisten stünden weniger Wahlberechtigte, als die Zahl der gemeldeten abgegebenen Stimmen. In 1.176 Wahllokalen hat Maduro mehr Stimmen bekommen als Hugo Chávez bei der Präsidentschaftswahl im Oktober. „Wer soll das glauben?“ fragte Capriles.

Ohne genaue Zahlen zu nennen, sprach er von weit über einer Million Wahlberechtigten, die in den von den Unregelmäßigkeiten betroffenen Wahllokalen zur Abstimmung aufgerufen waren. „In den Stimmlokalen, in denen Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, muss die Stimmabgabe annulliert werden“, pochte er auf das Wahlgesetz.

„Wir fordern deshalb die Überprüfung und den Abgleich der Listen der aufgeführten Wahlberechtigten mit den Wahlakten, in der jeder nach seiner Stimmabgabe unterschreibt und einen Fingerabdruck hinterlassen muss und mit den Wahlbelegen, die jeder Stimmberechtigte nach seiner Stimmabgabe in eine gesonderte Urne wirft.“ Das sei die einzige Forderung, so Capriles.

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