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Wahl der Ver­fassungs­rich­te­r*inDie geheime Suche der SPD nach der idealen Ersatz-Richter*in

Gar nicht so leicht, den oder die rechte Kan­di­da­t*in zu finden. Politisch unbedarft wäre gut und nur nicht zu viel juristische Expertise.

Wer macht es für die SPD? Rich­te­r:in­nen am Bundesverfassungsgericht Foto: Uli Deck/dpa

N ach dem Debakel bei der Richterwahl und der Rückzugsandeutung der Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf bei Wahlleiter „Lanz“ scheint nun auch die SPD bereit, über mögliche Er­satz­kan­di­da­t*in­nen nachzudenken. Es soll bereits ein Arbeitskreis getagt haben, der sich auf die Bildung einer Richterfindungskommission unter Leitung von Gesine Schwan ge­einigt hat. Einziges Kriterium ist die sichere Anschlussfähigkeit nach rechts, denn Brosius-Gersdorf sei nun mal „zu links“, wie es aus gewöhnlich schlecht informierten Kreisen hieß.

Mit Blick auf die nächsten Richterwahlen, die wegen des Patts im Bundestag wahrscheinlich mit TV-Duellen und anschließenden Onlineabstimmungen abgehalten werden, hat auch die SPD eingesehen, dass eine fachlich kundige, aber in Teilen progressive Kandidatin mit einem unaussprechlichen Namen so nicht durchgeht.

Juristische Expertise schadet bei der Kandidatur. So viel immerhin ist klar

Dennoch soll es einen letzten Versuch gegeben haben, an Brosius-Gersdorf festzuhalten: „Wir könnten sie doch einfach nur noch ‚Frau Brosius‘ nennen, falls sie einverstanden ist“, so ein Kompromissvorschlag. Doch allen schwante schnell, dass dies nicht reichen dürfte, um den Widerstand zu brechen. Warum also nicht Schwan selbst? Sie wäre ein gleichwertiger Ersatz, weil ebenfalls Professorin. „Nun ja“, wandte jemand ein, es sei zwar gut, dass Schwan keine Juraprofessorin sei.

Von Lanz habe man ja gelernt, dass juristische Expertise schade („So verlieren Sie die Menschen“). Noch besser sei aber jemand, der auch politisch ahnungslos, dafür beliebt und am besten keine Frau ist. „Lukas Podolski!“ Ideal! Der lustige Dönerfabrikant mit polnischer Herkunft könnte die SPD-Linken über den Fami­liennachzug hinwegtrösten und wäre als deutscher Weltmeister trotzdem unangreifbar. Ein Traum! Der allerdings jäh platzte: „Der ist Linksfuß!“ Damit war auch Podolski raus.

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Nächster Vorschlaghammer: Florian Silbereisen, Volksmusiker und Traumschiff-Kapitän. Konservativer geht’s kaum. Aber, verdammt: Linkshänder!

Die SPD berät noch, während die Union längst einen Schritt voraus ist. Nach einer weiteren rechten Hetzkampagne läuft nun alles auf die Abschaffung des Bundesverfassungsgerichts hinaus. Wie Nius zuerst berichtet hatte, liegt Karlsruhe auf den meisten Landkarten extremistisch nah bei Frankreich. Also aus Sicht der allermeisten Deutschen eindeutig viel zu links!

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Lukas Wallraff
taz.eins- und Seite-1-Redakteur
seit 1999 bei der taz, zunächst im Inland und im Parlamentsbüro, jetzt in der Zentrale. Besondere Interessen: Politik, Fußball und andere tragikomische Aspekte des Weltgeschehens
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28 Kommentare

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  • Das Dümmste was die SPD tun kann ist, vor der rechtsextremistischen Hetze einzuknicken und eineN andereN KandidatIn zu suchen.

    Nach allem was ich über Frau Brosius-Gersdorf gelesen und gehört habe, ist sie eine hervorragende Wahl und die SPD MUSS an ihrem Vorschlag festhalten. Jetzt vor den Nazis einzuknicken, wäre ein weiterer Sargnagel für die Demokratie in Deutschland!

    Auch die xxU war ja mit Frau Brosius-Gersdorf einverstanden, bis die Diffamierungskampagne mit unhaltbaren Lügen und Unterstellungen von den Rechtsextremisten gestartet und von rechten Hetz"medien" wie Bild und Nius unterstützt wurde.

    Wir stehen vor dem Scheideweg, entweder die xxU hört endlich mit dem ständigen Lügen auf und fängt an, demokratisch zu regieren oder wir enden wieder im Faschismus und verlieren wieder die (von unseren Vorfahren) hart erkämpfte Demokratie und Freiheit.

  • Sollte die SPD tatsächlich eine*n andere*n Kandidat*in nominieren, dann dürfte das der Anfang vpm Ende der Partei sein. Viel Rückgrat haben die schon in der Ampel nicht gezeigt und das derzeitige Spitzenpersonal ist eher auf die eigene Karriere fixiert als auf politische Standfestigkeit. Extrem rechten Manipulationen (und damit ist auch die cSDU gemeint) nachzugeben, ist einer integren Partei unwürdig.

    • @Perkele:

      "... ,dann dürfte das der Anfang vom Ende der Partei sein."



      Ist sie doch schon. Die Richterwahlen und der AfD-Verbotswunsch sind doch die letzten Strohhalme, um irgendwie noch Einfluß zu sichern; im besten Fall unentbehrlich zur Regierungsbildung zu werden.

  • Da ohnehin die SPD das Vorschlagsrecht für 2 Sitze im 2.Senat hat, werden sich auch, wenn Frau Brosius-Gersdorf zurückziehen sollte, schon 2 Personen mit einem juristischen Examen finden, die bereit sind, die AgD zu verbieten und so RRG flächendeckend an die Macht zu entscheiden.

    Dass die Union sich wehrt, ist Existenzkampf. Dass sie die AgD braucht, um Regierungspartei bleiben zu können, ihre Crux.

    • @Hungerboomer:

      Sollte die gesichert rechtsextreme AfD irgendwann mal die Regierung stellen, wird auch die xxU verboten. Das sollte der xxU bewusst sein.

      Sollte die SPD wirklich die Kandidatur von Frau Brosius-Gersdorf zurückziehen, öffnet das Tür und Tor für diffamierende Hetzkampagnen durch die Nazis gegen Menschen, die noch für Demokratie stehen, egal in welchem Bereich.

      Die gesichert rechtsextreme AfD weiß ganz genau, dass ein Verbotsverfahren erfolgreich wäre, deshalb diffamiert sie ja auch alle demokratischen Menschen mit gelogenen Vorwürfen und Unterstellungen, die in wichtige Positionen gewählt werden könnten.

      • @Truhe:

        Witzige Vorstellung: die Union wird auch verboten. Dann auch noch die SPD und die Grünen, weil sie mal mit der Union koalierten.



        Am Ende bleiben die Linken. Könnten aber auch verboten werden. Vielleicht, weil Herr van Aken mal höflich war und im Foyer des BT einen AdG-Politiker freundlich grüßte.



        Am Ende macht der Letzte die Tür zu und alle sind verboten.



        Das schafft dann Freiraum für eine amtliche Diktatur.

        Ich dachte eigentlich ein Leben lang, dass Demokratie der Mindestkonsens wäre.



        Dann hatte ich bei Rechts Bedenken.

        Heute auch und gerade öfter mal beim Blick nach links.

  • Man könnte auch in Supermärkten Rubbellose verteilen und wer fünf „§“ hat wird es einfach und basta.

  • Wenn sie jetzt zurück zieht, oder noch schlimmer: die sPD sie schasst, dann ist es vorbei. Dann haben die Rechten endgültig gewonnen. Sie entscheiden alleinig, wer ins Verfassungsgericht kommt. Jetzt und in Zukunft. Denn aus falsch verstandenem Anstand wird eine "zu rechte" Kandidatin natürlich von der sPD nicht genauso weggehetzt. When they go low, we go high - und verlieren. Wer faul spielt gewinnt immer, solange es keinen Schiedsrichter gibt.

    Mal ganz abgesehen davon, was die Behandlung von Frau Brosius-Gersdorf über uns aussagt. Eine hoch dekorierte Juristin, nomiert für das höchste Gericht im Staate, wird wie ein Wegwerf-T-Shirt behandelt. Unglaublich wie schnell das doch wieder geht. 1933 hat es auch nur wenige Monate gebraucht bis die Demokratie zerfetzt am Boden lag.

  • Maschmeier als Minister AFRE wird's richten.



    Kurz bevor Helmut reinkarniert und seine untauglichen Genossen in blauem Reynodunst verdampft.



    Irgendwie hat die Realität was von Futurama.



    Hochachtung volle Grüße an Frau Brosius-Gersdorf die sich mutig und sachlich öffentlich gestellt hat ohne das Sie irgend einen Vorteil davon hat.



    Die Welt wäre besser wenn die Leute die Ihren Job machen könnten das auch dürfen.

  • Erstaunlicherweise wird kaum die in einer funktionierenden Demokratie vorrangige Frage beantwortet: Was rechtfertigt es, dass eine Partei mit 16,4 %  der Zweitstimmen bei der letzten Bundestagswahl 37,5 % der Richter des Bundesverfassungsgerichts vorschlagen darf? Wenn die Antwort nicht einfach lautet: "weil sie die Macht dazu hat", wäre die Diskussion an dieser Stelle schon beendet und die SPD brauchte sich um Brosius-Gersdorf keine Sorgen mehr machen. So wird aber deutlich, dass für die SPD taktische Fragen im Vordergrund stehen: wie erhält man sich seinen Einfluss auch dann für die nächsten zwölf Jahre an entscheidender Stelle, wenn die eigene Politik bei den Wählern immer weniger Zustimmung findet? Und dabei treten dann die formalen Voraussetzungen für Richter am Bundesverfassungsgericht (§ 3 BVerfGG) in den Hintergrund - entscheidend ist die "richtige" Haltung. Wer über ihr Fehlen informiert oder sie gar einfordert, fährt eine rechte Hetzkampagne.

  • Was denn, jetzt einknicken und wieder nach rechts schielen? So wird das nichts. Vor der nächsten Aktion ist das hier Pflichtlektüre: taz.de/Warnung-vor...h-rechts/!6100441/ !

  • Jetzt fehlt der SPD eine überzeugende Persönlichkeit, die in der Lage wäre, gegenüber den Reaktionären einmal zu zeigen, wo es längs geht, auch mit dieser Demokratie. Mit Klingbeil und seiner Truppe der Duckmäuser wird das nichts. Eckstein, Eckstein, alle wollen versorgt sein, aber dann kommt nix mehr. Ein Trauerspiel !

    • @Dietmar Rauter:

      Der SPD fehlen in erster Linie überzeugende Wahlergebnisse. Die alte Regel, nach der ihr 4 Nominierungen zustehen ist eigentlich aus der Zeit gefallen, das wurde beschlossen, als diese Partei noch Volkspartei war.

  • Zwei Dinge wurden in Bezug auf Frau B-G zu keiner Zeit kritisiert, auch nicht von rechtsaußen: Ihre fachliche Kompetenz und ihr Geschlecht. Auch der eine Satz, den sie als auch Ihr Ehemann gleichlautend verwendet haben, interessiert niemanden, gerade weil Ihre fachliche Kompetenz unstrittig ist.

    • @Nachtsonne:

      Keine Ahnung. Eigentlich sollte es nur um ihre fachliche Kompetenz gehen und darum ob sie als Richterin überparteilich sein kann. Statt dessen hat die CDU das Amt politisiert. Die CDU möchte offenbar eine Auswahl treffen die ihnen in bestimmten Angelegenheiten gefällige Urteile beschert.

      • @Klobrille:

        Und die SPD nicht? Was glaube Sie warum Frau Gersdorf vorgeschlagen wurde und warum so vehement versucht wird Sie ins Amt zu bekommen?

        • @Walterismus:

          Es muss weiterhin vehement versucht werden, sie wählen zu lassen:



          Alles andere würde dem rechten Mob nachgeben!



          Wollen Sie das?

          • @Life is Life:

            Kann man ja machen, aber dann wird Sie nicht gewählt, weil nicht genug Stimmen zusammen kommen.



            Das scheint man ja auch nicht zu wollen.

            Es geht halt eben schon um Ihre Positionen und der Hoffnung, dass sie wegen Ihrer Positionen andere Urteile fällt, als die bisherige Ständige Rechtsprechnung der Bundesverfassungsgerichts.

        • @Walterismus:

          Weil sie sehr kompetent und deshalb sehr geeignet für das Amt ist.

          • @Truhe:

            Das sind andere auch, wenn es darum geht jemand kompetentes und daher geeignetes für das Amt zu finden.



            Es soll aber unbedingt Frau Gersdorf sein, daher geht es eben schon darum auf gefällige Urteile zu hoffen.



            Denn das ihre Positionen bei der CDU anecken würden, dass musste die SPD vorher wissen, sie haben sich trotzdem für Sie entschieden. Das machst du nur, wenn du dir von dieser Person etwas erhoffst.

  • Sollte die SPD die Kandidatin zurückziehen- ist sie in Zukunft UNWÄHLBAR für ALLE, die sich an den Grundrechten orientieren .

    • @hamburger jung:

      Ist sie doch jetzt schon, unwählbar.

    • @hamburger jung:

      Die CDU nach dieser Aktion aber umso mehr!

    • @hamburger jung:

      Die SPD ist, so wie Union, FDP, und natürlich AfD, schon seit längerem nicht wählbar für alle, die sich an Grundrechten orientieren, aber das hat das Wahlvolk offensichtlich nicht mitbekommen und/oder einen größeren Teil kümmern die Grundrechte nicht solange sie ihre eigenen Rechte gewahrt sehen

    • @hamburger jung:

      was erwartest Du von Klingbeil.



      Rückgrat ist ausverkauft.

  • Exemplarisch für Bundes-Politik, Heute mal die ehemals sozialen Demokraten.



    Mehrheitsgarant für eine den Notwendigkeiten maximal entgegenstehende Politik der Union, Steigbügelhalter rückwärtsgewandter Politik, willfähriger Gehilfe bei der Fortsetzung von der Union konzertierter Spaltung der Gesellschaft und völlig unverdächtig, eigene politische Ziele tatsächlich für die Solidargemeinschaft, den Souverän, implementieren zu wollen.



    Einzig ein Ziel ist Agenda der SPD. Machterhalt, Teilhabe an der Macht, um dergestalt den schleichenden Tod durch nicht durchsetzungsfähige Politdarsteller und fehlende Berührung mit den Menschen, der Natur und den Bedürfnissen der Gemeinschaft.



    Kompromiss, egal wie bizarr verzerrt das Egebnis sein mag, als Selbstzweck.



    Politische Arbeit ist immer auch politischer Dissenz.



    Inwieweit Dem aus dem Wege zu gehen zielführend ist, kann man an dem Verhältnis der devoten Ex-Sozialen ggü. den autoritären National-Konservativen der Union ablesen.



    Die Union muss ihre an die Blaunen verlorenen Stammwähler zurückgewinnen, wollen Sie irgendwsnn mal wieder aus einer, selbstempfundenen, Positiin der Stärke, mit 35% der Stimmen herrschen. Und Herrschaft ist DNS der Union.

  • Mein Vorschlag bei dem ganzen Affentheater, das die Union macht:



    Prof Dr Matthias Glaubrecht, seines Zeichens Evolutionsbiologe und Kenner der Entwicklung von Mensch und Tier.



    Einen treffenderen Namen für eine(n) VerfassungsrichterIn muss man erst noch finden.



    Historisches Beispiel einer ehrenwerten akademischen Frau mit dazu passendem Namen: Clara Immerwahr, die Frau von Fritz Haber.



    Ich suche weiter...

  • Ich nehme die schwere Bürde auf mich und kandidiere freiwillig. Mein Pfund: völlig ahnungslos und garantiert weiter rechts auf der Landkarte zu finden als die Bretagne.