Wahl in Finnland: Zittersieg für Antti

Nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten dürfte Antti Rinne finnischer Ministerpräsident werden. Bei Debatten macht er oft eine unglückliche Figur.

Porträt Antti Rinne

Der Sozialdemokrat und knappe Wahlsieger Antti Rinne Foto: Antti Aimo-Koivisto/Lehtikuva/reuters

STOCKHOLM taz | Der grosse Jubel blieb aus, als sich Antti Rinne am Sonntag zu mitternächtlicher Stunde zum Wahlsieger erklärte. Der Vorsitzende der finnischen Sozialdemokraten war auch gezwungen in seiner kurzen Ansprache vor den GenossInnen ein paar künstliche Pausen einzulegen, damit die das Klatschen nicht vergessen sollten.

Es hätte mehr drin sein können, ja müssen, als dieser Zittersieg mit 17,7 Prozent der Stimmen, war die vorherrschende Meinung auf der Wahlparty der Partei. Es würde nicht verwundern, wenn in ihr demnächst offen die Frage nach dem dafür Schuldigen gestellt werden wird. Und da liegt der Parteivorsitzende natürlich immer nahe.

Der war Rinne 2014 geworden. Er hatte formal deshalb auch schon das historisch schlechteste Resultat der Sozialdemokraten bei der Wahl vor vier Jahren zu verantworten. Das ihm damals allerdings nicht angekreidet worden war. Noch gar nicht richtig warm im Amt war Rinne da gewesen und es überwog noch die Dankbarkeit, dass er so kurz vor der Wahl überhaupt den Vorsitz einer völlig zerstrittenen Partei übernehmen wollte.

Die war von seiner Vorgängerin Jutta Urpilainen auf einen verhängnisvollen Rechtskurs gesteuert worden, der grosse Teile der Stammwählerschaft verkrätzt hatte und die Sozialdemokraten auf Umfragewerte von 12 Prozent abstürzen liess.

Angaben in Prozent:

■ Sozialdemokraten: 17,7

■ „Wahre Finnen“/ „Die Finnen“: 17,5

■ Sammlungspartei: 17

■ Zentrumspartei: 13,8

■ Grüne: 11,5

■ Linkspartei: 8,2

■ Weitere: 14,3 insgesamt; mehr Details hier.

Kaum Partei- und gar keine Kabinettserfahrung hatte der gelernte Jurist Rinne, der seit 1987 als Anwalt gearbeitet hatte, als er den Parteivorsitz übernahm. Ab 2002 war er Vorsitzender verschiedener Gewerkschaften gewesen, von 2011 bis 2014 der der Angestelltengewerkschaft „Pro“. In diesen Ämtern hatte er sich den Ruf eines „harten Hunds“ erworben, der auch bereit war zur Streikwaffe zu greifen, um den Forderungen seiner MitgliederInnen Nachdruck zu verleihen.

Privat begann 2019 für den 56-jährigen gar nicht gut. Im Weihnachtsurlaub mit Ehefrau Heta hatte er sich eine Lungenentzündung geholt, die zu einer Herzbeutel-Entzündung führte: Rinne verlor mehrere Wochen lang fast das gesamte Bewegungsvermögen. Zwei Monate lang war er krank geschrieben. „Ich hatte Zeit darüber nachzudenken, wie schnell das alles gehen kann.“ Und er fiel natürlich seiner Partei im Vorwahlkampf aus. Der das allerdings nicht unbedingt geschadet haben muss.

In Debatten macht Rinne oft eine unglückliche Figur, verheddert sich schon mal in mehrdeutigen Formulierungen und muss dann mühsam erklären, was er eigentlich gemeint hat. Er weiß das und auch am Wahlabend meinte er, die Schuld für den knappen Wahlsieg liege möglicherweise ja auch daran, dass er von den WählerInnen oft falsch verstanden worden sei.

Die Vize Sanna Marin steht bereit

So war sein krankheitsbedingter Ausfall für die Sozialdemokraten eine nicht unwillkommene Gelegenheit zu zeigen, dass sie auch anderes Führungspersonal hat. Besonders glänzte dabei Rinnes junge Stellvertreterin im Vorsitzamt, die 33-jährige Sanna Marin. Umfragen signalisieren, dass es ihr gelang, jüngere WählerInnen für die Partei zu interessieren, die bis dahin mit den Sozialdemokraten nicht viel anfangen konnten.

Bei den Personenwahlstimmen musste sich Rinne am Sonntag auch von ihr geschlagen geben. Marin schaffte rund 50 Prozent mehr als er. Sollte Rinnes Gesundheit also auf Dauer doch nicht halten – Ersatz steht bereit.

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