Wahlen in Bayern: Rot-Grün in Blau-Weiß

Bei der Wahl zum Münchner Oberbürgermeister hat der SPDler Dieter Reiter gewonnen. Zwei Grüne konnten Landratsposten erringen – die ersten in Deutschland.

Der neue (l.) und der alte Oberbürgermeister: in optimistischer Pose. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa | Dieter Reiter musste noch einmal zwei Wochen zittern. Doch die Auszählung der Münchner OB-Stichwahl am Sonntagabend läuft reibungslos - und sehr schnell steht Reiter als Sieger fest. Bereits um 19.15 Uhr betritt der 55-Jährige auf der Wahlparty der SPD die Bühne.

„Dieter, Dieter“, jubeln die Parteifreunde. Und ein ebenso glücklicher wie erschöpfter künftiger Oberbürgermeister sagt: „Es ist ein unglaublicher Tag und eine unglaubliche Zeit zu Ende gegangen.“ Aber: „Wenn's am Schluss langt, hat man alles richtig gemacht, und mehr braucht man dazu nicht zu sagen.“ Er sei „richtig glücklich“. Sein CSU-Kontrahent Josef Schmid ist geschlagen.

Ähnlich großer Jubel herrscht an diesem Stichwahl-Abend in Bayern bei den Grünen - aus einem anderen, ganz einfachen Grund: Gleich zwei Grünen-Politiker erobern Landrats-Posten - die ersten in Deutschland überhaupt: im Kreis Miesbach und im Kreis Miltenberg. Grünen-Landeschefin Sigi Hagl spricht von einem „historischen Abend“.

In München hatte die CSU in den vergangenen Wochen alles versucht. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kam am Donnerstag zur Schlusskundgebung der Münchner Christsozialen, um Schmid zu unterstützen. CSU-Chef und Ministerpräsident Horst Seehofer war sowieso dabei. Sie alle hatten auf die Sensation gehofft: dass die CSU nach 30 Jahren wieder einmal den OB-Sessel erobern könnte.

Doch am Ende fällt das Stichwahl-Ergebnis klarer aus, als viele in den vergangenen Tagen erwartet hatten: Reiter holt 56,7 Prozent - und liegt damit deutlich vor Schmid mit nur 43,3 Prozent. Im ersten Wahlgang hatte Reiter nur knapp vier Prozentpunkte vorne gelegen.

Die Probleme im boomenden München sind groß

Reiter hat es geschafft, die Wähler auf seine Seite zu ziehen, die vor zwei Wochen noch für die Grünen-Politikerin Sabine Nallinger votiert hatten. Nallinger hatte am 16. März knapp 15 Prozent geholt - und für die Stichwahl hochoffiziell die Wahl Reiters empfohlen. Der Hintergrund: SPD und Grüne wollen ihre Rathaus-Koalition fortsetzen - auch wenn sie aufgrund drastischer SPD-Verluste keine Mehrheit mehr im Stadtrat haben, sondern auf weitere Partner angewiesen sind.

Reiter steht damit vor schwierigen Aufgaben: Er tritt nicht nur in die riesigen Fußstapfen Christian Udes, sondern muss auch damit leben, dass die CSU die größte Fraktion im Stadtrat hat. Er muss nun erst einmal eine Koalition schmieden, mit denen er die Probleme im boomenden München in den Griff bekommt: fehlende Krippen- und Kindergartenplätze, marode Schulbauten, überteuerte Wohnungen.

Für die SPD bleibt damit nach dem Desaster bei der Stadtratswahl die Katastrophe aus. Wenigstens der Oberbürgermeister-Sessel bleibt weiter fest in SPD-Hand. Und auch abgesehen von München bringt dieser Stichwahl-Abend höchst erfreuliche Ergebnisse für die Bayern-SPD mit sich: Die Sozialdemokraten erobern gleich zwei OB-Posten von der CSU.

In Regensburg siegt der SPD-Mann Joachim Wolbergs, und in Erlangen kegelt der erst 34 Jahre alte Sozialdemokrat Florian Janik nach 18 Jahren den CSU-Oberbürgermeister Siegfried Balleis aus dem Amt.

Parteichef Horst Seehofer muss damit hinnehmen, dass er mit einem seiner Ziele gescheitert ist, nämlich die CSU auch in den großen Städten zu Siegen zu führen. Auf dem Land dagegen kann die CSU Erfolge feiern, sie nimmt den Sozialdemokraten beispielsweise den Landratsposten in Weilheim-Schongau ab, aber auch den Kreis München.

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