Wahlen in Indonesien: Islamischen Parteien drohen Verluste

In Indonesien, dem größten muslimischen Land, werden bei den dritten Parlamentswahlen nach der Diktatur den islamischen Parteien Verluste, aber doch eine Schlüsselrolle prognostiziert.

Die säkuläre "Demokratische Partei des Kampfes" erzielte laut Umfragen ein gutes Ergebnis. Bild: dpa

"Wir müssen unsere persönlichen Interessen hintenanstellen, zugunsten der Acehnesen und des indonesischen Volkes!" Das sagte Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono kürzlich bei einem Wahlkampfauftritt in der Provinz Aceh. Yudhoyono war besorgt: Denn die Provinz an Sumatras Nordwestspitze gilt als einer der schwierigsten Orte des Wahlkampfes. In der einstigen Bürgerkriegsregion, wo erst nach dem verheerenden Tsunami ein Autonomieabkommen 2005 Frieden brachte, kam es in den vergangenen Wochen wieder mehrfach zu Gewalt. Mindestens drei Mitglieder der "Partei Aceh" waren ermordet worden. Diese gilt als politischer Flügel der einstigen Rebellenorganisation "Bewegung Freies Aceh" (GAM).

Mehr als 30 Jahre hatte die GAM für die Unabhängigkeit der rohstoffreichen Provinz gekämpft. Es sei unklar, wer hinter den Morden stecke, sagt Sidney Jones vom Jakarta-Büro der "International Crisis Group" zur taz. Doch sei das Misstrauen nicht verschwunden. Mehr als drei Jahre nach Unterzeichnung des Friedensvertrages machten viele Acehnesen das Militär für die Gewalt verantwortlich.

"Viele in der GAM glauben, das Militär wolle die Partei Aceh um jeden Preis stoppen", so Jones. "Und im Militär sind viele davon überzeugt, dass die GAM das Ziel der Unabhängigkeit nicht aufgegeben hat und ein Sieg der Partei Aceh die Einheit Indonesiens bedroht." Hendra Fadli von der "Kommission für Vermisste und Gewaltopfer" stimmt Jones zu: Indonesische Soldaten seien nicht geeignet, in der Provinz für Sicherheit zu sorgen, weil die Acehnesen das Militär als Teil des Problems sehen.

Allein aus Aceh haben sich sechs Parteien für die Parlamentswahlen an diesem Donnerstag qualifiziert. Insgesamt hoffen 38 Parteien auf den Sprung über die 2,5-Prozent-Hürde und auf die Gunst der mehr als 171 Millionen Wähler in Indonesien, der drittgrößten Demokratie der Welt. Laut Umfragen, die aber nicht zuverlässig sind, führen die säkularen Parteien, allen voran die "Demokratische Partei" (PD) von Präsident Susilo Bambang Yudhoyono, die "Demokratische Partei des Kampfes" (PDI-P) von Expräsidentin Megawati Sukarnoputri sowie "Golkar" des früheren Diktators Suharto und des jetzigen Vizepräsidenten Jusuf Kalla.

Dominierten während der letzten Wahlen 2004 noch diejenigen politischen Köpfe, welche die schrillsten und buntesten Kampagnen betrieben, rücken jetzt Sachthemen in den Vordergrund. Angesichts der globalen Wirtschaftskrise und steigender Arbeitslosigkeit fragen sich Millionen in Armut lebende Indonesier, wie es in ihrem an Korruption leidenden Land weitergehen soll. Überzeugende Antworten hat keine Partei.

Die Ergebnisse der Parlamentswahlen sind auch eine Vorentscheidung für die für Anfang Juli angesetzten Präsidentschaftswahlen. Um dabei einen eigenen Kandidaten aufstellen zu können, braucht eine Partei oder Koalition mindestens 25 Prozent der Stimmen oder 20 Prozent der 560 Parlamentssitze.

Zünglein an der Waage dürften die islamischen Parteien sein, obwohl sie laut Umfragen schlechter abschneiden dürften als 2004. Ihr nach dem Ende der Diktatur einsetzender Aufstieg könnte gestoppt sein, weil sie etwa mit dem sogenannten Anti-Pornografie-Gesetz zu sehr in das Privatleben der Bürger eingriffen. Traditionell ist Indonesiens Islam sehr moderat. "Die islamischen Parteien werden aber im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen eine wichtige Rolle spielen", sagt Sunny Tanudwidjaja vom "Centre for Strategic and International Studies" (CSIS) in Jakarta. "Da PD, PDI-P und Golkar ihren eigenen Kandidaten nominieren werden, entscheidet die Unterstützung islamischer Parteien mit über die Präsidentschaft."

Zwar ist Amtsinhaber Yudhoyono, ein liberaler Exgeneral, wieder Favorit. Doch seine erst zu den letzten Wahlen gegründete PD ist noch zu klein und das Parteiensystem zu zersplittert, als dass die PD aus eigener Kraft eine Mehrheit bekommen kann. Yudhoyono brauche auf jeden Fall parlamentarische Unterstützung, um weiter regieren zu können, meint Jones. Die islamistische "Partei für Gerechtigkeit und Wohlstand" (PKS) soll Unterstützung signalisiert haben. Aber auch die Mitbewerber waren aktiv: Vizepräsident und Golkar-Chef Kalla, der selbst mit der Präsidentschaft liebäugelt, vereinbarte mit den Spitzen der "Vereinigten Entwicklungspartei" (PPP) - der ältesten islamischen Partei Indonesiens - eine enge Zusammenarbeit.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.