Wahlen in Kirgistan: Sieg für Japarow
Der Ausgang der Parlamentswahl ist genau nach dem Geschmack des Präsidenten Sadyr Japarow. Er kann seine Macht jetzt noch weiter ausbauen.
K lassenziel erreicht: So dürfte zumindest für Kirgistans Präsidenten Sadyr Japarow das Fazit der vorgezogenen Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag lauten. Nach umstrittenen Parlamentswahlen 2020 und im Zuge eines Umsturzes im Januar 2021 ins höchste Staatsamt katapultiert, kann er seine Macht in dem zentralasiatischen Staat festigen und nun noch weiter ausbauen. Japarows Vorarbeit, um das Terrain für seinen „Sieg“ zu bereiten, scheint sich ausgezahlt zu haben.
Die Einführung der Mehrheitswahl im vergangenen Juni hat dafür gesorgt, dass die Parteien ausgeschaltet wurden und künftig noch weniger kritische Stimmen im Parlament zu vernehmen sein werden. Eine deutliche Botschaft an die Bevölkerung war auch die Festnahme von zehn Oppositionellen nur wenige Tage vor der Wahl. Angeblich hätten sie zu Massenunruhen aufgerufen und die Regierung stürzen wollen – ein Narrativ, das auch in anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion gerne bemüht wird, um Kritiker*innen aus dem Verkehr zu ziehen. Mit der Pressefreiheit geht es stetig bergab.
Mehrere kritische Medien, die vor allem über Korruption berichtet hatten, sind als extremistisch eingestuft und mittlerweile verboten. Last but not least: Ein Gesetz über „ausländische Repräsentanten“, die in Russland „ausländische Agenten“ heißen, vom vergangenen Jahr – der perfekte Hebel, um Nichtregierungsorganisationen das Licht auszuknipsen. Dass sich angesichts dieser Entwicklung viele Kirgis*innen weitgehend von der Politik verabschiedet haben, ist auch an der Wahlbeteiligung abzulesen.
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Gerade mal 37 Prozent der Wähler*innen gaben ihre Stimmen ab, nur ein paar Prozent mehr als 2021. Dessen ungeachtet halten die Menschen Japarow einen deutlichen Wirtschaftsaufschwung zugute, für dieses Jahr wird ein Wachstum von 9 Prozent erwartet. Der Boom verdankt sich übrigens zu großen Teilen der Umgehung der wegen des Ukrainekrieges verhängten Sanktionen gegen Russland, an der Bischkek tatkräftig mitwirkt. Gleichzeitig ächzen die Menschen derzeit unter wachsender Energieknappheit und steigenden Lebenshaltungskosten. Das könnte für Japarow zu einem Problem werden. Fragt sich, ob und welche Antworten er darauf hat.
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