Wahlkampf in den USA: Trump spielt mit der Terrorangst

Nach den Anschlägen von Paris entdeckt Donald Trump ein neues Thema für sich: 9/11. Er will live gesehen haben, wie sich Menschen aus den Türmen stürzten.

Ein Raum mit vielen Menschen, auf der Bühne Donald Trump, aber nur klein zu sehen

Ein Mann und seine Massen. Foto: ap

BERLIN taz | Im Reigen der republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist Donald Trump in den vergangenen Monaten nicht gerade als Weichei aufgefallen. Im Gegenteil nutzt er jede Gelegenheit, sich als den härtesten und natürlich den erfolgreichsten Mann für das Weiße Haus zu inszinieren. Mit seiner Rhetorik gegen Mexikaner, Flüchtlinge und Einwanderung hält er sich konstant an der Spitze aller Umfragen von Iowa bis New Hampshire. Je nach Umfrage vor Ben Carson oder Marco Rubio.

In seine Reden und Interviews schleichen sich mitunter steile Thesen, die aber beim Publikum offensichtlich gut ankommen. Seit den Anschlägen von Paris am 13. November geht auch in den USA bei vielen die Terrorangst wieder um. 9/11 ist erneut präsent, Fragen nach Sicherheit und Überwachung werden von den 24-Stunden-Nachrichtensendern in der Dauerschleife gestellt.

Klar, dass sich auch alle KandidatInnen zum Thema Terror und Sicherheit verhalten. Während der ersten TV-Debatte der demokratischen Kandidaten nach den Anschlägen inszenierte sich Hillary Clinton als Frau, die nicht nur Präsidentin kann, sondern auch Oberbefehlshaberin über die us-amerikanischen Streitkräfte.

Und nun also auch Trump. Am Montag hielt er im US-Bundesstaat Ohio – einem der wichtigsten Staaten bei einer Präsidentschaftswahl, weil seine Wähler nie klar entweder dem demokratischen oder republikanischen Lager zuzurechnen sind – eine seiner vielen Reden. Und vermeldete dann: Er habe am 11. September 2001 beobachtet, wie Menschen aus dem brennenden World Trade Center gesprungen seien. “Wer möchte schon im 102. Stock stehen und die Wahl zu haben, zu verbrennen oder zu springen? Und viele Leute sind gesprungen. Ich habe es beobachtet.“

Trump referierte dann über das Fenster, das er sich in sein Penthouse hatte einbauen lassen, um den wundervollen Blick über Manhatten zu genießen. Das Penthouse mit dem Fenster steht allerdings in Midtown, mehr als sieben Kilometer entfernt. Nachfragen von Journalisten, unter anderem von CNN, wie Trump es geschafft habe, auf diese Distanz eine solche Beobachtung zu machen, blieben bisher unbeantwortet.

Während seiner Rede in Ohio griff Trump auch noch eine weitere seiner Behauptungen auf, die Anfang der Woche für Aufregung gesorgt hatte: dass Tausende Muslime in New Jersey die 9/11-Angriffe bejubelt hätten. Die Washington Post hat diese These mit großer Akribie widerlegt und Trump für diese Erzählung zu Recht vier Pinocchios „verliehen“, um das Ausmaß der Lüge deutlich zu machen. Trump hielt in Ohio an seiner Behauptung fest und nannte als Beleg „Hunderte, die mich angerufen haben und sagen: Wir haben es auch gesehen“.

New Jersey mit Nahost verwechselt

Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, der ebenfalls gern Präsidentschaftskandidat der Konservativen werden würde, widerspricht Trump und kann sich nicht an derartige Szenen erinnern. Ben Carson, Chirurg und neben Trump einer der populäreren Kandidaten bei den Republikanern, hatte Trump zunächst zugestimmt, rudert nun aber auch zurück. Laut einer ABC-Journalistin entschuldigte sich Carsons Wahlkampfteam. Carson habe Bilder aus dem Nahen Osten mit New Jersey verwechselt. Ansonsten nimmt sich Carson aber nicht viel mit Trump. Auch er hat sich dafür ausgesprochen, keine syrischen Flüchtlinge in den USA aufzunehmen.

Fakten und Rationalität kommen offensichtlich derzeit nicht gut an bei den WählerInnen in den USA. Carson ist die Nummer 2 in aktuellen Umfragen und liegt dabei noch ganze zehn Prozentpunkte hinter Donald Trump. (hav)

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