Wahrheitskomission in Chile: Mehr Opfer, weiter keine Täter

Fast 10.000 Personen hat die Wahrheitskommission in Chile neu als Opfer der Pinochet-Diktatur anerkannt. Über 30.000 hatten das beantragt.

Mahnmal für die Opfer der Pinochet-Diktatur in Santiago de Chile. Bild: ap

BUENOS AIRES taz | In Chile könnte die Zahl der anerkannten Opfer der Pinochet-Diktatur auf 38.283 steigen. Am Donnerstag überreichte die Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Diktatur von Staatspräsident Sebastián Piñera ihren Abschlussbericht. Sollte Präsident Piñera das Ergebnis akzeptieren, kämen zu den bereits anerkannten 28.459 Opfern weitere 9.824 hinzu. Staatlich anerkannte Opfer erhalten eine monatliche Entschädigungssumme von umgerechnet rund 185 Euro.

Die Entscheidung darüber, ob jemand offiziell als Opfer der von 1973 bis 1990 währenden Diktatur Augusto Pinochets anerkannt wird, liegt beim Staatspräsidenten. Piñera selbst hatte sich nach der kurzen und nichtöffentlichen Übergabe nicht geäußert. Justizminister Teodoro Ribera erklärte, der Präsident werde sich eine kurze Bedenkzeit nehmen, bevor er per Dekret entscheidet. "Wir hoffen, dass dieser Bericht zum Frieden und zur Versöhnung beiträgt", so Ribera.

Der Bericht war mit Spannung erwartet worden, nachdem sich in den vergangenen zwei Jahren 32.000 Menschen bei der Kommission gemeldet und ihre Anerkennung als Opfer von Menschenrechtsverbrechen beantragt hatten. Alle Personen wurden in Einzelinterviews befragt, Zeugen wurden gehört. 9.794 Personen wurden schließlich als Opfer von Gefangenschaft und Folter anerkannt. Zudem wurden 30 neue Fälle von Verschwundenen dokumentiert. Die nicht anerkannten 22.176 Personen hätten nicht den vorgegebenen Kriterien entsprochen, erklärte Kommissionsvizepräsidentin María Luis Sepúlveda.

Kritisch äußerte sich die Vorsitzende vom Verband der Angehörigen der Verhaftet-Verschwundenen, Lorena Pizarro. Die Ermittlungsergebnisse würden keinerlei juristische Konsequenzen nach sich ziehen. "Diese und die vorherigen Kommissionen haben ein grundlegendes Problem. Sie nehmen die Einstufung der Opfer vor, aber es gibt keine Täter," so Pizarro. "Der Staat lässt auch weiter zu, dass die Völkermörder straffrei davonkommen."

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