Warnung vor neuer Krise: Banken noch immer krank

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich warnt: Die Situation auf den Märkten erinnert sie an die Lage nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers.

Ziehen vielleicht bald wieder lange Gesichter: Börsianer nach der Lehman-Pleite 2008. Bild: ap

Am Tag nach dem ergebnisarmen G-20-Gipfel in Toronto warnte die Zentralbank der Zentralbanken nachdrücklich vor einer neuen Krise. Insbesondere in Europa erinnere "die Situation an die Lage nach dem Lehman-Zusammenbruch", schreibt in undiplomatischer Deutlichkeit die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem Jahresbericht. Das weltweite Finanzsystem habe zwar die "Notaufnahme" verlassen, liege aber immer noch auf der "Intensivstation". Nicht einmal die Verlegung auf eine normale Krankenstation sei absehbar.

Nach der Lehman-Pleite 2008 hatte sich die zunächst amerikanische Bankenkrise endgültig zu einer Weltwirtschaftskrise ausgeweitet. Nur durch billionenschwere staatliche Rettungspakete und Konjunkturprogramme konnte ein Kollaps zunächst verhindert werden.

Drei Jahre nach Ausbruch des "Hurrikans" warnt die Basler BIZ vor einem neuen Wirbelsturm. Schuld daran seien fehlende Regulierungen und zu viel billiges Geld. Äußerst niedrige Leitzinsen von 1,0 oder 0,5 Prozent erlaubten Banken, Fonds und Spekulanten, sich extrem preisgünstig Geld zum Zocken zu leihen. Dies wird als wichtiger Grund für die Krise angesehen. Doch auch jetzt wieder "verleiten" laut BIZ niedrige Leitzinsen Akteure, gewagte Risiken einzugehen.

Die 1930 gegründete BIZ verwaltet einen Teil der Währungsreserven der Notenbanken und hatte bereits vor dem Platzen der US-Immobilienblase im Sommer 2007 gewarnt. Seit den Achtzigerjahren wächst der Anteil des Finanzsektors an der Gesamtwirtschaft. Britische und deutsche Banken vergeben mittlerweile 40 Prozent ihrer Kredite ins Ausland, fast die Hälfte des Bankgeschäfts in Lateinamerika wickeln Institute aus den USA und Südeuropa ab, und in Osteuropa sind nahezu alle Banken fest in meist westeuropäischer Hand. Mit der Internationalisierung des Geschäftes wurden aber auch die Risiken in alle Welt exportiert. "Die Krise hat Mängel am seit Jahrzehnten bestehenden Geschäftsmodell des Finanzsektors ans Licht gebracht", fasst die BIZ ihre Kritik zusammen.

Dass nun ausgerechnet die bankenfreundliche BIZ die Banken immer noch auf der Intensivstation sieht, zeigt den Ernst des Krankenzustandes.

Obendrein, mahnt BIZ-Generaldirektor Jaime Caruana, seien zu den alten Risiken neue hinzugekommen, etwa der durch China angeheizte Devisenmarkt, drohende Staatspleiten in Südeuropa und die Begleichung der milliardenschweren Staatshilfen in Großbritannien und den USA. Die BIZ-Banker sehen in zu hohen Profiterwartungen einen systemgefährdenden Virus.

Um zu verhindern, dass in Zukunft Banken und Fonds weiterhin mit geliehenen Billiggeldern Jagd auf Maximalgewinne machen, wollen die BIZ-Banker an eine Wurzel des Übels: Die Banken müssten zur Sicherheit weit mehr Eigenkapital und Bargeld ("Liquidität") vorrätig halten als bislang. Dadurch bliebe kaum noch Spielraum zum Spekulieren. Die Profite würden zwar sinken, doch sei dies für die Gesamtwirtschaft "wünschenswert".

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